gab mit seiner Nase ein Zeichen, und alle Nasen folgten ihm, auch die, so es nicht nö- thig hatten, aus Provision, oder weils der Nachbar und der Herr Pastor that. Es begab sich, daß ein Fremder, der diese Straße zog und nichts von dem Uebergange zur Nutzanwendung wußte, und die Sitten und Naseart dieser christlichen Gemeine nicht kannte, den natürlichen Winck seiner Nase be- folgte. Der Pastor beschlug die Contrabande mit den Worten: wer grunzet in der Ge- meine? allein der gute Pastor mußte, weil der Gast von Adel war, diesen Beschlag sehr theuer büßen, und schrifftlich versichern, das Wort grunzen nicht im bösen Sinn genom- men, sondern vielmehr selbst gegrunzt zu ha- ben, und vors künftige ward der Herr Pa- stor angewiesen, seine Nase in die Bibel zu stecken. Der Mensch ist gut, die Welt böse. Gehe fleißig in die Kirche und sieh zu, Men- schen beerdigen. Gedencke, wie er gestorben ist, mußt du auch sterben. Heute mir, mor- gen dir. Zeit liegt von Ewigkeit ein Sab- batherweg, eine Viertelmeile, die den Kran- cken im alten Bunde zu reisen erlaubt war. Wenn du einen Kirchhof offen findest, gehe herüber, wenn du auch einige Schritte Um-
weg
gab mit ſeiner Naſe ein Zeichen, und alle Naſen folgten ihm, auch die, ſo es nicht noͤ- thig hatten, aus Proviſion, oder weils der Nachbar und der Herr Paſtor that. Es begab ſich, daß ein Fremder, der dieſe Straße zog und nichts von dem Uebergange zur Nutzanwendung wußte, und die Sitten und Naſeart dieſer chriſtlichen Gemeine nicht kannte, den natuͤrlichen Winck ſeiner Naſe be- folgte. Der Paſtor beſchlug die Contrabande mit den Worten: wer grunzet in der Ge- meine? allein der gute Paſtor mußte, weil der Gaſt von Adel war, dieſen Beſchlag ſehr theuer buͤßen, und ſchrifftlich verſichern, das Wort grunzen nicht im boͤſen Sinn genom- men, ſondern vielmehr ſelbſt gegrunzt zu ha- ben, und vors kuͤnftige ward der Herr Pa- ſtor angewieſen, ſeine Naſe in die Bibel zu ſtecken. Der Menſch iſt gut, die Welt boͤſe. Gehe fleißig in die Kirche und ſieh zu, Men- ſchen beerdigen. Gedencke, wie er geſtorben iſt, mußt du auch ſterben. Heute mir, mor- gen dir. Zeit liegt von Ewigkeit ein Sab- batherweg, eine Viertelmeile, die den Kran- cken im alten Bunde zu reiſen erlaubt war. Wenn du einen Kirchhof offen findeſt, gehe heruͤber, wenn du auch einige Schritte Um-
weg
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gab mit ſeiner Naſe ein Zeichen, und alle
Naſen folgten ihm, auch die, ſo es nicht noͤ-
thig hatten, aus Proviſion, oder weils der
Nachbar und der Herr Paſtor that. Es
begab ſich, daß ein Fremder, der dieſe
Straße zog und nichts von dem Uebergange
zur Nutzanwendung wußte, und die Sitten
und Naſeart dieſer chriſtlichen Gemeine nicht
kannte, den natuͤrlichen Winck ſeiner Naſe be-
folgte. Der Paſtor beſchlug die Contrabande
mit den Worten: wer grunzet in der Ge-
meine? allein der gute Paſtor mußte, weil
der Gaſt von Adel war, dieſen Beſchlag ſehr
theuer buͤßen, und ſchrifftlich verſichern, das
Wort grunzen nicht im boͤſen Sinn genom-
men, ſondern vielmehr ſelbſt gegrunzt zu ha-
ben, und vors kuͤnftige ward der Herr Pa-
ſtor angewieſen, ſeine Naſe in die Bibel zu
ſtecken. Der Menſch iſt gut, die Welt boͤſe.
Gehe fleißig in die Kirche und ſieh zu, Men-
ſchen beerdigen. Gedencke, wie er geſtorben
iſt, mußt du auch ſterben. Heute mir, mor-
gen dir. Zeit liegt von Ewigkeit ein Sab-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/324>, abgerufen am 22.11.2024.
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