Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

du, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die un-
verwelckliche Krone der Ehren empfahen --
Siehe das übrige Taufwasser nicht als blos
gemeines Wasser an, sondern mache die Ver-
fügung, daß es auf einen besondern oder
heiligen Platz gegoßen werde. Du wirst das
Gras drauf sehen! Im Paradiese konnt' es
kaum grüner seyn! der Kirchthurm ist ein
Finger, der gen Himmel zeigt, denck so offt
du einen siehst an den Finger Gottes, ohne
den nichts geschieht was geschieht, und durch
den ist, was ist. Am Martinstage iß eine
Gans; es ist ein alter wohlhergebrachter Ge-
brauch, und denck an den unglücklichen Bi-
schof Martin, der durch eine Gans verra-
then ward. Der Hahn ist der richtigste Ka-
lender, und was die Sonnenuhr im Zeigen
ist, das ist ein Hahn im Schlagen: das rich-
tigste Zeitmaas -- Der Hahn, der zuerst
kräht, ist Superintendent unter den Hähnen.
Alles was krähen kann, kräht ihm nach, so
lahm und candidatenmäßig es auch zuletzt her-
aus kommt. Ein Hahn hilft offt zu Thränen.
Dein seeliger Grosvater hat eine Hu -- auf
diese Art zur Reue gebracht. Alle seine Er-
mahnungen waren vergebens. Zum Glück
kräht' ein Hahn. Diesen Umstand griff dein

seeli-

du, wenn erſcheinen wird der Erzhirte, die un-
verwelckliche Krone der Ehren empfahen —
Siehe das uͤbrige Taufwaſſer nicht als blos
gemeines Waſſer an, ſondern mache die Ver-
fuͤgung, daß es auf einen beſondern oder
heiligen Platz gegoßen werde. Du wirſt das
Gras drauf ſehen! Im Paradieſe konnt’ es
kaum gruͤner ſeyn! der Kirchthurm iſt ein
Finger, der gen Himmel zeigt, denck ſo offt
du einen ſiehſt an den Finger Gottes, ohne
den nichts geſchieht was geſchieht, und durch
den iſt, was iſt. Am Martinstage iß eine
Gans; es iſt ein alter wohlhergebrachter Ge-
brauch, und denck an den ungluͤcklichen Bi-
ſchof Martin, der durch eine Gans verra-
then ward. Der Hahn iſt der richtigſte Ka-
lender, und was die Sonnenuhr im Zeigen
iſt, das iſt ein Hahn im Schlagen: das rich-
tigſte Zeitmaas — Der Hahn, der zuerſt
kraͤht, iſt Superintendent unter den Haͤhnen.
Alles was kraͤhen kann, kraͤht ihm nach, ſo
lahm und candidatenmaͤßig es auch zuletzt her-
aus kommt. Ein Hahn hilft offt zu Thraͤnen.
Dein ſeeliger Grosvater hat eine Hu — auf
dieſe Art zur Reue gebracht. Alle ſeine Er-
mahnungen waren vergebens. Zum Gluͤck
kraͤht’ ein Hahn. Dieſen Umſtand griff dein

ſeeli-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0342" n="330"/>
du, wenn er&#x017F;cheinen wird der Erzhirte, die un-<lb/>
verwelckliche Krone der Ehren empfahen &#x2014;<lb/>
Siehe das u&#x0364;brige Taufwa&#x017F;&#x017F;er nicht als blos<lb/>
gemeines Wa&#x017F;&#x017F;er an, &#x017F;ondern mache die Ver-<lb/>
fu&#x0364;gung, daß es auf einen be&#x017F;ondern oder<lb/>
heiligen Platz gegoßen werde. Du wir&#x017F;t das<lb/>
Gras drauf &#x017F;ehen! Im Paradie&#x017F;e konnt&#x2019; es<lb/>
kaum gru&#x0364;ner &#x017F;eyn! der Kirchthurm i&#x017F;t ein<lb/>
Finger, der gen Himmel zeigt, denck &#x017F;o offt<lb/>
du einen &#x017F;ieh&#x017F;t an den Finger Gottes, ohne<lb/>
den nichts ge&#x017F;chieht was ge&#x017F;chieht, und durch<lb/>
den i&#x017F;t, was i&#x017F;t. Am Martinstage iß eine<lb/>
Gans; es i&#x017F;t ein alter wohlhergebrachter Ge-<lb/>
brauch, und denck an den unglu&#x0364;cklichen Bi-<lb/>
&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Martin,</hi> der durch eine Gans verra-<lb/>
then ward. Der Hahn i&#x017F;t der richtig&#x017F;te Ka-<lb/>
lender, und was die Sonnenuhr im Zeigen<lb/>
i&#x017F;t, das i&#x017F;t ein Hahn im Schlagen: das rich-<lb/>
tig&#x017F;te Zeitmaas &#x2014; Der Hahn, der zuer&#x017F;t<lb/>
kra&#x0364;ht, i&#x017F;t Superintendent unter den Ha&#x0364;hnen.<lb/>
Alles was kra&#x0364;hen kann, kra&#x0364;ht ihm nach, &#x017F;o<lb/>
lahm und candidatenma&#x0364;ßig es auch zuletzt her-<lb/>
aus kommt. Ein Hahn hilft offt zu Thra&#x0364;nen.<lb/>
Dein &#x017F;eeliger Grosvater hat eine Hu &#x2014; auf<lb/>
die&#x017F;e Art zur Reue gebracht. Alle &#x017F;eine Er-<lb/>
mahnungen waren vergebens. Zum Glu&#x0364;ck<lb/>
kra&#x0364;ht&#x2019; ein Hahn. Die&#x017F;en Um&#x017F;tand griff dein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eeli-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0342] du, wenn erſcheinen wird der Erzhirte, die un- verwelckliche Krone der Ehren empfahen — Siehe das uͤbrige Taufwaſſer nicht als blos gemeines Waſſer an, ſondern mache die Ver- fuͤgung, daß es auf einen beſondern oder heiligen Platz gegoßen werde. Du wirſt das Gras drauf ſehen! Im Paradieſe konnt’ es kaum gruͤner ſeyn! der Kirchthurm iſt ein Finger, der gen Himmel zeigt, denck ſo offt du einen ſiehſt an den Finger Gottes, ohne den nichts geſchieht was geſchieht, und durch den iſt, was iſt. Am Martinstage iß eine Gans; es iſt ein alter wohlhergebrachter Ge- brauch, und denck an den ungluͤcklichen Bi- ſchof Martin, der durch eine Gans verra- then ward. Der Hahn iſt der richtigſte Ka- lender, und was die Sonnenuhr im Zeigen iſt, das iſt ein Hahn im Schlagen: das rich- tigſte Zeitmaas — Der Hahn, der zuerſt kraͤht, iſt Superintendent unter den Haͤhnen. Alles was kraͤhen kann, kraͤht ihm nach, ſo lahm und candidatenmaͤßig es auch zuletzt her- aus kommt. Ein Hahn hilft offt zu Thraͤnen. Dein ſeeliger Grosvater hat eine Hu — auf dieſe Art zur Reue gebracht. Alle ſeine Er- mahnungen waren vergebens. Zum Gluͤck kraͤht’ ein Hahn. Dieſen Umſtand griff dein ſeeli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/342
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/342>, abgerufen am 22.11.2024.