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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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und was ich hier gebrauchet,
das leg ich alles ab,
und wenn ich ausgehauchet
so scharrt man mich ins Grab.

Gerne, das weiß ich, hätte sie unter der
Predigt: vom Vaterlande
wie an hohen
Festen diesen Vers angestimmt, wenn sie
geglaubt hätte meinem Vater hiemit einen
Liebesdienst zu erweisen. Seine Singzeit
indessen war noch nicht kommen, und außer-
dem hatt' er den Grundsatz die Andacht ge-
hör' ins Kämmerlein. Der Gesang blieb
also blos unter den Hausgenossen.

Wer keine Einbildungskraft hat, sagte
mein Vater hat auch kein Gedächtniß. Ein
großes Gedächtnis kann die Urtheilskraft
schwächen, allein auch stärken. Wer sich
durch hundert Meinungen die er weiß nicht
stören läßt und noch eine für sich besitzet; hat
viel Gedächtnis und viel Urtheilskraft. Die
besten Köpfe klagen am meisten über Ge-
dächtnis. Sie sehen ein wie viel noch zu-
rück bleibt was sie nicht wissen und wollen
sich auf eine Art, die ihnen am wenigsten
zustehen kommt bey Ehren erhalten. Ein
Mann von starker Beurtheilungskraft macht

sich
C 2
und was ich hier gebrauchet,
das leg ich alles ab,
und wenn ich ausgehauchet
ſo ſcharrt man mich ins Grab.

Gerne, das weiß ich, haͤtte ſie unter der
Predigt: vom Vaterlande
wie an hohen
Feſten dieſen Vers angeſtimmt, wenn ſie
geglaubt haͤtte meinem Vater hiemit einen
Liebesdienſt zu erweiſen. Seine Singzeit
indeſſen war noch nicht kommen, und außer-
dem hatt’ er den Grundſatz die Andacht ge-
hoͤr’ ins Kaͤmmerlein. Der Geſang blieb
alſo blos unter den Hausgenoſſen.

Wer keine Einbildungskraft hat, ſagte
mein Vater hat auch kein Gedaͤchtniß. Ein
großes Gedaͤchtnis kann die Urtheilskraft
ſchwaͤchen, allein auch ſtaͤrken. Wer ſich
durch hundert Meinungen die er weiß nicht
ſtoͤren laͤßt und noch eine fuͤr ſich beſitzet; hat
viel Gedaͤchtnis und viel Urtheilskraft. Die
beſten Koͤpfe klagen am meiſten uͤber Ge-
daͤchtnis. Sie ſehen ein wie viel noch zu-
ruͤck bleibt was ſie nicht wiſſen und wollen
ſich auf eine Art, die ihnen am wenigſten
zuſtehen kommt bey Ehren erhalten. Ein
Mann von ſtarker Beurtheilungskraft macht

ſich
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[33/0041] und was ich hier gebrauchet, das leg ich alles ab, und wenn ich ausgehauchet ſo ſcharrt man mich ins Grab. Gerne, das weiß ich, haͤtte ſie unter der Predigt: vom Vaterlande wie an hohen Feſten dieſen Vers angeſtimmt, wenn ſie geglaubt haͤtte meinem Vater hiemit einen Liebesdienſt zu erweiſen. Seine Singzeit indeſſen war noch nicht kommen, und außer- dem hatt’ er den Grundſatz die Andacht ge- hoͤr’ ins Kaͤmmerlein. Der Geſang blieb alſo blos unter den Hausgenoſſen. Wer keine Einbildungskraft hat, ſagte mein Vater hat auch kein Gedaͤchtniß. Ein großes Gedaͤchtnis kann die Urtheilskraft ſchwaͤchen, allein auch ſtaͤrken. Wer ſich durch hundert Meinungen die er weiß nicht ſtoͤren laͤßt und noch eine fuͤr ſich beſitzet; hat viel Gedaͤchtnis und viel Urtheilskraft. Die beſten Koͤpfe klagen am meiſten uͤber Ge- daͤchtnis. Sie ſehen ein wie viel noch zu- ruͤck bleibt was ſie nicht wiſſen und wollen ſich auf eine Art, die ihnen am wenigſten zuſtehen kommt bey Ehren erhalten. Ein Mann von ſtarker Beurtheilungskraft macht ſich C 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/41>, abgerufen am 21.11.2024.