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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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starben und die Jüngere ließen ihn im Be-
sitz, ohne den Canon von Witz einzufordern,
den sich ihre Antecessoren jährlich hatten be-
zahlen lassen. Es legte sich der alte Herr
auf den Unterricht der Kinder, stand mit
den Pastoren der Gegend in gutem Verneh-
men, und verrichtete so gar einige heilige
Handlungen wobey die Herren Geistlichen
substituiren können, zuweilen rührt' er das
Positiv, welches in einer unsern benachbarten
Kirche stand. Dieses aber mußte wenig-
stens vierzehn Tage zuvor bestelt werden, und
denn war es doch nur ein Gastpräludium.

Er behauptete, daß man sich auf ein
Präludium eben so sehr, als auf eine Pre-
digt vorbereiten müße und wie der Klang
der Worte wenn er mit der auszudrückenden
Sache wie ohngefehr der erste und zweite
Diskant harmonire, die Originalsubstanz der
Sprache bewiese, so verriethe es einen gros-
sen Musicus wenn man das Evangelium so
zu sagen ins Präludium setzen und es so deut-
lich in Noten ausdrücken könnte daß wer das
Präludium hört, auch zugleich das Evange-
lium wissen müßte.

Hierüber wurden dem alten Herrn von
meiner Mutter verschiedene Einwendungen

gemacht;

ſtarben und die Juͤngere ließen ihn im Be-
ſitz, ohne den Canon von Witz einzufordern,
den ſich ihre Anteceſſoren jaͤhrlich hatten be-
zahlen laſſen. Es legte ſich der alte Herr
auf den Unterricht der Kinder, ſtand mit
den Paſtoren der Gegend in gutem Verneh-
men, und verrichtete ſo gar einige heilige
Handlungen wobey die Herren Geiſtlichen
ſubſtituiren koͤnnen, zuweilen ruͤhrt’ er das
Poſitiv, welches in einer unſern benachbarten
Kirche ſtand. Dieſes aber mußte wenig-
ſtens vierzehn Tage zuvor beſtelt werden, und
denn war es doch nur ein Gaſtpraͤludium.

Er behauptete, daß man ſich auf ein
Praͤludium eben ſo ſehr, als auf eine Pre-
digt vorbereiten muͤße und wie der Klang
der Worte wenn er mit der auszudruͤckenden
Sache wie ohngefehr der erſte und zweite
Diſkant harmonire, die Originalſubſtanz der
Sprache bewieſe, ſo verriethe es einen groſ-
ſen Muſicus wenn man das Evangelium ſo
zu ſagen ins Praͤludium ſetzen und es ſo deut-
lich in Noten ausdruͤcken koͤnnte daß wer das
Praͤludium hoͤrt, auch zugleich das Evange-
lium wiſſen muͤßte.

Hieruͤber wurden dem alten Herrn von
meiner Mutter verſchiedene Einwendungen

gemacht;
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[82/0090] ſtarben und die Juͤngere ließen ihn im Be- ſitz, ohne den Canon von Witz einzufordern, den ſich ihre Anteceſſoren jaͤhrlich hatten be- zahlen laſſen. Es legte ſich der alte Herr auf den Unterricht der Kinder, ſtand mit den Paſtoren der Gegend in gutem Verneh- men, und verrichtete ſo gar einige heilige Handlungen wobey die Herren Geiſtlichen ſubſtituiren koͤnnen, zuweilen ruͤhrt’ er das Poſitiv, welches in einer unſern benachbarten Kirche ſtand. Dieſes aber mußte wenig- ſtens vierzehn Tage zuvor beſtelt werden, und denn war es doch nur ein Gaſtpraͤludium. Er behauptete, daß man ſich auf ein Praͤludium eben ſo ſehr, als auf eine Pre- digt vorbereiten muͤße und wie der Klang der Worte wenn er mit der auszudruͤckenden Sache wie ohngefehr der erſte und zweite Diſkant harmonire, die Originalſubſtanz der Sprache bewieſe, ſo verriethe es einen groſ- ſen Muſicus wenn man das Evangelium ſo zu ſagen ins Praͤludium ſetzen und es ſo deut- lich in Noten ausdruͤcken koͤnnte daß wer das Praͤludium hoͤrt, auch zugleich das Evange- lium wiſſen muͤßte. Hieruͤber wurden dem alten Herrn von meiner Mutter verſchiedene Einwendungen gemacht;

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/90>, abgerufen am 24.11.2024.