Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

gemacht; allein er hehauptete er hätte nur
neulich: das Vater Abraham erbarme dich
mein
so natürlich auszudrücken gewußt daß
der ganzen Gemeine darüber Furcht und
Schrecken angekommen wäre; und da ihm
meine Mutter das Evangelium von der Be-
schneidung von den vier tausend Mann

und vom steinigten Acker entgegen setzte, und
ihn befragte, wie er Waizen und Kornland
fünf Gerstenbrodte
und ein wenig Fischlein,
in der Musik ausdrücken könnte; wollte er zwar
im Anfange behaupten, daß alles dies in
die Musik zu übersetzen wäre; nachhero aber
schämte er sich über sich selbst. Sie warf
ihm sehr offt den steinigten Acker, die vier
tausend Mann, die fünf Gerstenbrodte und
ein wenig Fischlein vor; obgleich sie an die
Beschneidung, ich weiß nicht warum, weiter
nicht dachte. Bey dieser Gelegenheit kann
ich nicht umhin zu bemercken, daß meine
Mutter sich vor der satyrischen Ader des
alten Herrn gar nicht fürchtete; so furcht-
bar ihn auch in der ganzen Gegend seine Ein-
fälle gemacht hatten.

Eine Schneidernadel pflegte sie zu sagen
wenn er einen Einfall wider sie hatte; und
wenn sie ihn recht ärgern wolte, nandte

sie
F 3

gemacht; allein er hehauptete er haͤtte nur
neulich: das Vater Abraham erbarme dich
mein
ſo natuͤrlich auszudruͤcken gewußt daß
der ganzen Gemeine daruͤber Furcht und
Schrecken angekommen waͤre; und da ihm
meine Mutter das Evangelium von der Be-
ſchneidung von den vier tauſend Mann

und vom ſteinigten Acker entgegen ſetzte, und
ihn befragte, wie er Waizen und Kornland
fuͤnf Gerſtenbrodte
und ein wenig Fiſchlein,
in der Muſik ausdruͤcken koͤnnte; wollte er zwar
im Anfange behaupten, daß alles dies in
die Muſik zu uͤberſetzen waͤre; nachhero aber
ſchaͤmte er ſich uͤber ſich ſelbſt. Sie warf
ihm ſehr offt den ſteinigten Acker, die vier
tauſend Mann, die fuͤnf Gerſtenbrodte und
ein wenig Fiſchlein vor; obgleich ſie an die
Beſchneidung, ich weiß nicht warum, weiter
nicht dachte. Bey dieſer Gelegenheit kann
ich nicht umhin zu bemercken, daß meine
Mutter ſich vor der ſatyriſchen Ader des
alten Herrn gar nicht fuͤrchtete; ſo furcht-
bar ihn auch in der ganzen Gegend ſeine Ein-
faͤlle gemacht hatten.

Eine Schneidernadel pflegte ſie zu ſagen
wenn er einen Einfall wider ſie hatte; und
wenn ſie ihn recht aͤrgern wolte, nandte

ſie
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0091" n="83"/>
gemacht; allein er hehauptete er ha&#x0364;tte nur<lb/>
neulich: <hi rendition="#fr">das Vater Abraham erbarme dich<lb/>
mein</hi> &#x017F;o natu&#x0364;rlich auszudru&#x0364;cken gewußt daß<lb/>
der ganzen Gemeine daru&#x0364;ber Furcht und<lb/>
Schrecken angekommen wa&#x0364;re; und da ihm<lb/>
meine Mutter das Evangelium <hi rendition="#fr">von der Be-<lb/>
&#x017F;chneidung von den vier tau&#x017F;end Mann</hi><lb/>
und vom <hi rendition="#fr">&#x017F;teinigten Acker</hi> entgegen &#x017F;etzte, und<lb/>
ihn befragte, wie er <hi rendition="#fr">Waizen</hi> und <hi rendition="#fr">Kornland<lb/>
fu&#x0364;nf Ger&#x017F;tenbrodte</hi> und ein wenig <hi rendition="#fr">Fi&#x017F;chlein,</hi><lb/>
in der Mu&#x017F;ik ausdru&#x0364;cken ko&#x0364;nnte; wollte er zwar<lb/>
im Anfange behaupten, daß alles dies in<lb/>
die Mu&#x017F;ik zu u&#x0364;ber&#x017F;etzen wa&#x0364;re; nachhero aber<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mte er &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Sie warf<lb/>
ihm &#x017F;ehr offt den &#x017F;teinigten Acker, die vier<lb/>
tau&#x017F;end Mann, die fu&#x0364;nf Ger&#x017F;tenbrodte und<lb/>
ein wenig Fi&#x017F;chlein vor; obgleich &#x017F;ie an die<lb/>
Be&#x017F;chneidung, ich weiß nicht warum, weiter<lb/>
nicht dachte. Bey die&#x017F;er Gelegenheit kann<lb/>
ich nicht umhin zu bemercken, daß meine<lb/>
Mutter &#x017F;ich vor der &#x017F;atyri&#x017F;chen Ader des<lb/>
alten Herrn gar nicht fu&#x0364;rchtete; &#x017F;o furcht-<lb/>
bar ihn auch in der ganzen Gegend &#x017F;eine Ein-<lb/>
fa&#x0364;lle gemacht hatten.</p><lb/>
        <p>Eine Schneidernadel pflegte &#x017F;ie zu &#x017F;agen<lb/>
wenn er einen Einfall wider &#x017F;ie hatte; und<lb/>
wenn &#x017F;ie ihn recht a&#x0364;rgern wolte, nandte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] gemacht; allein er hehauptete er haͤtte nur neulich: das Vater Abraham erbarme dich mein ſo natuͤrlich auszudruͤcken gewußt daß der ganzen Gemeine daruͤber Furcht und Schrecken angekommen waͤre; und da ihm meine Mutter das Evangelium von der Be- ſchneidung von den vier tauſend Mann und vom ſteinigten Acker entgegen ſetzte, und ihn befragte, wie er Waizen und Kornland fuͤnf Gerſtenbrodte und ein wenig Fiſchlein, in der Muſik ausdruͤcken koͤnnte; wollte er zwar im Anfange behaupten, daß alles dies in die Muſik zu uͤberſetzen waͤre; nachhero aber ſchaͤmte er ſich uͤber ſich ſelbſt. Sie warf ihm ſehr offt den ſteinigten Acker, die vier tauſend Mann, die fuͤnf Gerſtenbrodte und ein wenig Fiſchlein vor; obgleich ſie an die Beſchneidung, ich weiß nicht warum, weiter nicht dachte. Bey dieſer Gelegenheit kann ich nicht umhin zu bemercken, daß meine Mutter ſich vor der ſatyriſchen Ader des alten Herrn gar nicht fuͤrchtete; ſo furcht- bar ihn auch in der ganzen Gegend ſeine Ein- faͤlle gemacht hatten. Eine Schneidernadel pflegte ſie zu ſagen wenn er einen Einfall wider ſie hatte; und wenn ſie ihn recht aͤrgern wolte, nandte ſie F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/91
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/91>, abgerufen am 24.11.2024.