Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
Pastor. Aber wir bedürfen des Gebets, wir!
Wir sollen alles mit Danksagung empfa-
hen, wir sollen nicht vergeßen, daß alles
von Gott komme!
Herr v. G. Er ist der Herr Himmels und
der Erden! Könige wollen Bitte und
Dank! Gott der Herr! --
Pastor. Gebet und Dank von anderer Art!
Unser Lallen, unser Verstummen ist ihm
mehr, als ein studirtes Geplerr! Solch
Gebet und Dank, als wir Gott widmen,
verstehen König' und Fürsten nicht. --
Es ist mir unausstehlich, wenn meine
Amtsbrüder sich pharisäisch ein langes Ge-
bet concipiren, und es sich zehn und mehr-
mal in ihrer Studierstube vorsumsen, als
ob der liebe Gott in ihrer Studierstube
nicht wäre? und als ob sie ihn blos
in der Kirch' auf einen Panegyrikus ein-
geladen hätten? Christus, der uns eine
Vollmacht zu beten gab, und es uns in
seinem Namen zu thun nachließ, will,
daß wir als Kinder zum Vater treten. --
Hier liegt die ganze Lehre vom Gebet. --
Hochtrabende Gebete mit allen göttlichen
Titeln! Studirte Gebete! wie sehr die-
ser Idee entgegen? -- Der Mann be-
tet
Paſtor. Aber wir beduͤrfen des Gebets, wir!
Wir ſollen alles mit Dankſagung empfa-
hen, wir ſollen nicht vergeßen, daß alles
von Gott komme!
Herr v. G. Er iſt der Herr Himmels und
der Erden! Koͤnige wollen Bitte und
Dank! Gott der Herr! —
Paſtor. Gebet und Dank von anderer Art!
Unſer Lallen, unſer Verſtummen iſt ihm
mehr, als ein ſtudirtes Geplerr! Solch
Gebet und Dank, als wir Gott widmen,
verſtehen Koͤnig’ und Fuͤrſten nicht. —
Es iſt mir unausſtehlich, wenn meine
Amtsbruͤder ſich phariſaͤiſch ein langes Ge-
bet concipiren, und es ſich zehn und mehr-
mal in ihrer Studierſtube vorſumſen, als
ob der liebe Gott in ihrer Studierſtube
nicht waͤre? und als ob ſie ihn blos
in der Kirch’ auf einen Panegyrikus ein-
geladen haͤtten? Chriſtus, der uns eine
Vollmacht zu beten gab, und es uns in
ſeinem Namen zu thun nachließ, will,
daß wir als Kinder zum Vater treten. —
Hier liegt die ganze Lehre vom Gebet. —
Hochtrabende Gebete mit allen goͤttlichen
Titeln! Studirte Gebete! wie ſehr die-
ſer Idee entgegen? — Der Mann be-
tet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0149" n="143"/>
        <list>
          <item><hi rendition="#fr">Pa&#x017F;tor.</hi> Aber wir bedu&#x0364;rfen des Gebets, wir!<lb/>
Wir &#x017F;ollen alles mit Dank&#x017F;agung empfa-<lb/>
hen, wir &#x017F;ollen nicht vergeßen, daß alles<lb/>
von Gott komme!</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> Er i&#x017F;t der Herr Himmels und<lb/>
der Erden! Ko&#x0364;nige wollen Bitte und<lb/>
Dank! Gott der Herr! &#x2014;</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Pa&#x017F;tor.</hi> Gebet und Dank von anderer Art!<lb/>
Un&#x017F;er Lallen, un&#x017F;er Ver&#x017F;tummen i&#x017F;t ihm<lb/>
mehr, als ein &#x017F;tudirtes Geplerr! Solch<lb/>
Gebet und Dank, als wir Gott widmen,<lb/>
ver&#x017F;tehen Ko&#x0364;nig&#x2019; und Fu&#x0364;r&#x017F;ten nicht. &#x2014;<lb/>
Es i&#x017F;t mir unaus&#x017F;tehlich, wenn meine<lb/>
Amtsbru&#x0364;der &#x017F;ich phari&#x017F;a&#x0364;i&#x017F;ch ein langes Ge-<lb/>
bet concipiren, und es &#x017F;ich zehn und mehr-<lb/>
mal in ihrer Studier&#x017F;tube vor&#x017F;um&#x017F;en, als<lb/>
ob der liebe Gott in ihrer Studier&#x017F;tube<lb/>
nicht wa&#x0364;re? und als ob &#x017F;ie ihn blos<lb/>
in der Kirch&#x2019; auf einen Panegyrikus ein-<lb/>
geladen ha&#x0364;tten? Chri&#x017F;tus, der uns eine<lb/>
Vollmacht zu beten gab, und es uns in<lb/>
&#x017F;einem <hi rendition="#fr">Namen</hi> zu thun nachließ, will,<lb/>
daß wir als Kinder zum Vater treten. &#x2014;<lb/>
Hier liegt die ganze Lehre vom Gebet. &#x2014;<lb/>
Hochtrabende Gebete mit allen go&#x0364;ttlichen<lb/>
Titeln! Studirte Gebete! wie &#x017F;ehr die-<lb/>
&#x017F;er Idee entgegen? &#x2014; Der Mann be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tet</fw><lb/></item>
        </list>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0149] Paſtor. Aber wir beduͤrfen des Gebets, wir! Wir ſollen alles mit Dankſagung empfa- hen, wir ſollen nicht vergeßen, daß alles von Gott komme! Herr v. G. Er iſt der Herr Himmels und der Erden! Koͤnige wollen Bitte und Dank! Gott der Herr! — Paſtor. Gebet und Dank von anderer Art! Unſer Lallen, unſer Verſtummen iſt ihm mehr, als ein ſtudirtes Geplerr! Solch Gebet und Dank, als wir Gott widmen, verſtehen Koͤnig’ und Fuͤrſten nicht. — Es iſt mir unausſtehlich, wenn meine Amtsbruͤder ſich phariſaͤiſch ein langes Ge- bet concipiren, und es ſich zehn und mehr- mal in ihrer Studierſtube vorſumſen, als ob der liebe Gott in ihrer Studierſtube nicht waͤre? und als ob ſie ihn blos in der Kirch’ auf einen Panegyrikus ein- geladen haͤtten? Chriſtus, der uns eine Vollmacht zu beten gab, und es uns in ſeinem Namen zu thun nachließ, will, daß wir als Kinder zum Vater treten. — Hier liegt die ganze Lehre vom Gebet. — Hochtrabende Gebete mit allen goͤttlichen Titeln! Studirte Gebete! wie ſehr die- ſer Idee entgegen? — Der Mann be- tet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/149
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/149>, abgerufen am 28.11.2024.