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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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aus den Sinnen geschöpft werden, oder die
Sinne mögen blos Gelegenheitsmacher seyn;
dies sey der Weg zur Erkenntniß. -- --

Es ist die Frag', ob wir alle gut, alle
bös' oder bald gut, bald dös' auf die Welt
kommen?

Wenn wir in die Höhe wollen, müßen
wir steigen. -- Wenn der Mensch alles
aus dem lieben Gott beweiset, so will er ohne
Leiter auf den Kirchthurm, glückliche Reise!
So philosophiren nenn' ich, einen leichtsinni-
gen Eyd schwören. Man muß sich nicht
anders auf Gott berufen, als bis Noth am
Mann ist. Du solst den Namen deines Got-
tes nicht unnützlich führen! -- Eure Rede
sey Ja, ja, Nein, nein, was drüber ist,
ist vom Uebel. So wie sich Gott durch die
Werk' offenbaret hat, und der Mensch von
allen Geschöpfen, die wir die Ehre haben
zu kennen, sein Meisterstück ist; so will er
auch keinen Sprung zu ihm hinauf, son-
dern will, daß es fein in dem Geleise der Na-
tur bleibe, die nicht springt. Die Instan-
zien, die Gott angeordnet hat, müßen nicht
übergangen werden. Schein ist ein Urtheil,
das aus der falschen Anleitung des Verstan-

des

aus den Sinnen geſchoͤpft werden, oder die
Sinne moͤgen blos Gelegenheitsmacher ſeyn;
dies ſey der Weg zur Erkenntniß. — —

Es iſt die Frag’, ob wir alle gut, alle
boͤſ’ oder bald gut, bald doͤſ’ auf die Welt
kommen?

Wenn wir in die Hoͤhe wollen, muͤßen
wir ſteigen. — Wenn der Menſch alles
aus dem lieben Gott beweiſet, ſo will er ohne
Leiter auf den Kirchthurm, gluͤckliche Reiſe!
So philoſophiren nenn’ ich, einen leichtſinni-
gen Eyd ſchwoͤren. Man muß ſich nicht
anders auf Gott berufen, als bis Noth am
Mann iſt. Du ſolſt den Namen deines Got-
tes nicht unnuͤtzlich fuͤhren! — Eure Rede
ſey Ja, ja, Nein, nein, was druͤber iſt,
iſt vom Uebel. So wie ſich Gott durch die
Werk’ offenbaret hat, und der Menſch von
allen Geſchoͤpfen, die wir die Ehre haben
zu kennen, ſein Meiſterſtuͤck iſt; ſo will er
auch keinen Sprung zu ihm hinauf, ſon-
dern will, daß es fein in dem Geleiſe der Na-
tur bleibe, die nicht ſpringt. Die Inſtan-
zien, die Gott angeordnet hat, muͤßen nicht
uͤbergangen werden. Schein iſt ein Urtheil,
das aus der falſchen Anleitung des Verſtan-

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[235/0243] aus den Sinnen geſchoͤpft werden, oder die Sinne moͤgen blos Gelegenheitsmacher ſeyn; dies ſey der Weg zur Erkenntniß. — — Es iſt die Frag’, ob wir alle gut, alle boͤſ’ oder bald gut, bald doͤſ’ auf die Welt kommen? Wenn wir in die Hoͤhe wollen, muͤßen wir ſteigen. — Wenn der Menſch alles aus dem lieben Gott beweiſet, ſo will er ohne Leiter auf den Kirchthurm, gluͤckliche Reiſe! So philoſophiren nenn’ ich, einen leichtſinni- gen Eyd ſchwoͤren. Man muß ſich nicht anders auf Gott berufen, als bis Noth am Mann iſt. Du ſolſt den Namen deines Got- tes nicht unnuͤtzlich fuͤhren! — Eure Rede ſey Ja, ja, Nein, nein, was druͤber iſt, iſt vom Uebel. So wie ſich Gott durch die Werk’ offenbaret hat, und der Menſch von allen Geſchoͤpfen, die wir die Ehre haben zu kennen, ſein Meiſterſtuͤck iſt; ſo will er auch keinen Sprung zu ihm hinauf, ſon- dern will, daß es fein in dem Geleiſe der Na- tur bleibe, die nicht ſpringt. Die Inſtan- zien, die Gott angeordnet hat, muͤßen nicht uͤbergangen werden. Schein iſt ein Urtheil, das aus der falſchen Anleitung des Verſtan- des

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/243>, abgerufen am 23.11.2024.