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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Zimmer war, noch so einen gemeinen und,
wie er ihn nannte, Coriandergeruch, daß
er durchaus Modeweihwaßer verlangte, um
es auszusprengen. Mine konnt' ihm damit
nicht dienen -- sie hätte gern das Grüne
im Zimmer beybehalten.

Es schlug die Stunde, da er seine Gäst'
erwartete, und da man nach Ortsumständen
sie mit Grund erwarten konnte; allein verge-
bens. -- Herrmann, ob schon er einen Bo-
ten ausgesandt hatte, um ja den hohen Gä-
sten weit genug entgegen kommen zu können,
konnte sich nicht entbrechen, auf die Zinne
des Tempels zu steigen. Es konnte bei die-
ser Gelegenheit nicht fehlen, daß seine Unter-
und Oberkleider, obgleich er die letzte durch
einen Mantel von Glanzleinwand in Obhut
genommen, vom Staub' angegriffen wur-
den. -- Er hatte nichts von seinen Gästen
entdeckt, und das war sehr natürlich. Wenn
der gute Mann sein höchstunzulängliches Ge-
sicht zuvor übermessen; so hätt' er diese Mühe
sparen, und den Mautel von Glanzleinwand
in sanfter Ruhe lassen können. -- Er war
von unten bis oben zu beschäftiget, sich wie-
der zu reinigen und zu läutern, und zittert'
an Händ' und Füßen, und über Leib und

Leben,

Zimmer war, noch ſo einen gemeinen und,
wie er ihn nannte, Coriandergeruch, daß
er durchaus Modeweihwaßer verlangte, um
es auszuſprengen. Mine konnt’ ihm damit
nicht dienen — ſie haͤtte gern das Gruͤne
im Zimmer beybehalten.

Es ſchlug die Stunde, da er ſeine Gaͤſt’
erwartete, und da man nach Ortsumſtaͤnden
ſie mit Grund erwarten konnte; allein verge-
bens. — Herrmann, ob ſchon er einen Bo-
ten ausgeſandt hatte, um ja den hohen Gaͤ-
ſten weit genug entgegen kommen zu koͤnnen,
konnte ſich nicht entbrechen, auf die Zinne
des Tempels zu ſteigen. Es konnte bei die-
ſer Gelegenheit nicht fehlen, daß ſeine Unter-
und Oberkleider, obgleich er die letzte durch
einen Mantel von Glanzleinwand in Obhut
genommen, vom Staub’ angegriffen wur-
den. — Er hatte nichts von ſeinen Gaͤſten
entdeckt, und das war ſehr natuͤrlich. Wenn
der gute Mann ſein hoͤchſtunzulaͤngliches Ge-
ſicht zuvor uͤbermeſſen; ſo haͤtt’ er dieſe Muͤhe
ſparen, und den Mautel von Glanzleinwand
in ſanfter Ruhe laſſen koͤnnen. — Er war
von unten bis oben zu beſchaͤftiget, ſich wie-
der zu reinigen und zu laͤutern, und zittert’
an Haͤnd’ und Fuͤßen, und uͤber Leib und

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[294/0302] Zimmer war, noch ſo einen gemeinen und, wie er ihn nannte, Coriandergeruch, daß er durchaus Modeweihwaßer verlangte, um es auszuſprengen. Mine konnt’ ihm damit nicht dienen — ſie haͤtte gern das Gruͤne im Zimmer beybehalten. Es ſchlug die Stunde, da er ſeine Gaͤſt’ erwartete, und da man nach Ortsumſtaͤnden ſie mit Grund erwarten konnte; allein verge- bens. — Herrmann, ob ſchon er einen Bo- ten ausgeſandt hatte, um ja den hohen Gaͤ- ſten weit genug entgegen kommen zu koͤnnen, konnte ſich nicht entbrechen, auf die Zinne des Tempels zu ſteigen. Es konnte bei die- ſer Gelegenheit nicht fehlen, daß ſeine Unter- und Oberkleider, obgleich er die letzte durch einen Mantel von Glanzleinwand in Obhut genommen, vom Staub’ angegriffen wur- den. — Er hatte nichts von ſeinen Gaͤſten entdeckt, und das war ſehr natuͤrlich. Wenn der gute Mann ſein hoͤchſtunzulaͤngliches Ge- ſicht zuvor uͤbermeſſen; ſo haͤtt’ er dieſe Muͤhe ſparen, und den Mautel von Glanzleinwand in ſanfter Ruhe laſſen koͤnnen. — Er war von unten bis oben zu beſchaͤftiget, ſich wie- der zu reinigen und zu laͤutern, und zittert’ an Haͤnd’ und Fuͤßen, und uͤber Leib und Leben,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/302>, abgerufen am 22.11.2024.