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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Gegend sehen, und nicht wenigstens darauf
athmen? und sich freuen, daß man athmen
kann? Die gnädige Wittwe holte sehr tief
Athem, und ward durch diese und dergleichen
Unterredungen, die alle ergaben, daß Herr
v. E. ein großer Verehrer von schönen Gegen-
den war, zur eigentlichen Materie gebracht.
Du weißt, mein Kind, fieng sie an, was dein
seliger Vater wegen der Fräulein S. noch bey
seinen Lebetagen berichtiget. -- Du weißt,
daß dein Herz und deine Hand vergeben sind,
und wenn du diese Gegend, die dir bald ei-
genthümlich zugehören soll, mehr in Erwä-
gung gezogen, ich wette du hättest deine Mut-
ter nicht so lange warten lassen. -- Im Te-
stament denkt' er an diese deine Verlobte,
welche dich mehr liebet, als du dir vorstellen
kannst. Sein lezter Wille setzet fest, hier
nahm sie ihren Sohn, um sich mit ihm die-
ses Testaments wegen, zur vertraulichen Un-
terredung einzuschließen. -- --

Herrmann hatte Gelegenheit, mit seiner
Dene eine gleich vertrauliche Unterredung an-
zustellen, bei der es beynah bis zum B. ge-
kommen wäre. Es war dieses im eigentlichen
Sinn für Herrmann ein Schäferstündchen --
denn er liebte, er liebte brennend -- nicht

Denen,

Gegend ſehen, und nicht wenigſtens darauf
athmen? und ſich freuen, daß man athmen
kann? Die gnaͤdige Wittwe holte ſehr tief
Athem, und ward durch dieſe und dergleichen
Unterredungen, die alle ergaben, daß Herr
v. E. ein großer Verehrer von ſchoͤnen Gegen-
den war, zur eigentlichen Materie gebracht.
Du weißt, mein Kind, fieng ſie an, was dein
ſeliger Vater wegen der Fraͤulein S. noch bey
ſeinen Lebetagen berichtiget. — Du weißt,
daß dein Herz und deine Hand vergeben ſind,
und wenn du dieſe Gegend, die dir bald ei-
genthuͤmlich zugehoͤren ſoll, mehr in Erwaͤ-
gung gezogen, ich wette du haͤtteſt deine Mut-
ter nicht ſo lange warten laſſen. — Im Te-
ſtament denkt’ er an dieſe deine Verlobte,
welche dich mehr liebet, als du dir vorſtellen
kannſt. Sein lezter Wille ſetzet feſt, hier
nahm ſie ihren Sohn, um ſich mit ihm die-
ſes Teſtaments wegen, zur vertraulichen Un-
terredung einzuſchließen. — —

Herrmann hatte Gelegenheit, mit ſeiner
Dene eine gleich vertrauliche Unterredung an-
zuſtellen, bei der es beynah bis zum B. ge-
kommen waͤre. Es war dieſes im eigentlichen
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denn er liebte, er liebte brennend — nicht

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[303/0311] Gegend ſehen, und nicht wenigſtens darauf athmen? und ſich freuen, daß man athmen kann? Die gnaͤdige Wittwe holte ſehr tief Athem, und ward durch dieſe und dergleichen Unterredungen, die alle ergaben, daß Herr v. E. ein großer Verehrer von ſchoͤnen Gegen- den war, zur eigentlichen Materie gebracht. Du weißt, mein Kind, fieng ſie an, was dein ſeliger Vater wegen der Fraͤulein S. noch bey ſeinen Lebetagen berichtiget. — Du weißt, daß dein Herz und deine Hand vergeben ſind, und wenn du dieſe Gegend, die dir bald ei- genthuͤmlich zugehoͤren ſoll, mehr in Erwaͤ- gung gezogen, ich wette du haͤtteſt deine Mut- ter nicht ſo lange warten laſſen. — Im Te- ſtament denkt’ er an dieſe deine Verlobte, welche dich mehr liebet, als du dir vorſtellen kannſt. Sein lezter Wille ſetzet feſt, hier nahm ſie ihren Sohn, um ſich mit ihm die- ſes Teſtaments wegen, zur vertraulichen Un- terredung einzuſchließen. — — Herrmann hatte Gelegenheit, mit ſeiner Dene eine gleich vertrauliche Unterredung an- zuſtellen, bei der es beynah bis zum B. ge- kommen waͤre. Es war dieſes im eigentlichen Sinn fuͤr Herrmann ein Schaͤferſtuͤndchen — denn er liebte, er liebte brennend — nicht Denen,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/311>, abgerufen am 22.11.2024.