oben ein rächt' er sich an meiner Mutter, ohne daß sie wußte, von wannen es kam.
"Da lesen Sie selbst! hochzuehrende Frau Pastorin. Sie kennen Bild und Uberschrift -- wahrlich ein unwürdiger Sohn einer so würdigen gottesfürchtigen Mutter, die ge- nug für ihn gebetet und gesungen hat! So viel ist indessen gewiß, daß er nicht der Ver- führer, sondern der Verführte sey. Retten Sie seine Seele, die im Argen liegt, und machen Sie, daß er sie aus dem Argen ziehe, und in seinen Händen trage. -- Die ganze Gegend, und vorzüglich die in derselben, so seine Predigt angehöret, ziehen über ihn die Achseln. Man glaubt, er habe Wilhelmi- nen ein lebendiges Andenken zurückgelassen. Das wolle der Himmel nicht! Indessen wär' aus den Worten: Mann und Weib, du und du, auf ein dergleichen im Verborgenen gebildetes Andenken, dem Sie, hochzueh- rende Frau Pastorin! gewiß den Namen Großkind entziehen würden, nicht unsicher zu schließen. -- Das best' ist, Wilhelminen -- den Kauf aufzukündigen, und ihr bey Hän-
gen
X 4
oben ein raͤcht’ er ſich an meiner Mutter, ohne daß ſie wußte, von wannen es kam.
„Da leſen Sie ſelbſt! hochzuehrende Frau Paſtorin. Sie kennen Bild und Uberſchrift — wahrlich ein unwuͤrdiger Sohn einer ſo wuͤrdigen gottesfuͤrchtigen Mutter, die ge- nug fuͤr ihn gebetet und geſungen hat! So viel iſt indeſſen gewiß, daß er nicht der Ver- fuͤhrer, ſondern der Verfuͤhrte ſey. Retten Sie ſeine Seele, die im Argen liegt, und machen Sie, daß er ſie aus dem Argen ziehe, und in ſeinen Haͤnden trage. — Die ganze Gegend, und vorzuͤglich die in derſelben, ſo ſeine Predigt angehoͤret, ziehen uͤber ihn die Achſeln. Man glaubt, er habe Wilhelmi- nen ein lebendiges Andenken zuruͤckgelaſſen. Das wolle der Himmel nicht! Indeſſen waͤr’ aus den Worten: Mann und Weib, du und du, auf ein dergleichen im Verborgenen gebildetes Andenken, dem Sie, hochzueh- rende Frau Paſtorin! gewiß den Namen Großkind entziehen wuͤrden, nicht unſicher zu ſchließen. — Das beſt’ iſt, Wilhelminen — den Kauf aufzukuͤndigen, und ihr bey Haͤn-
gen
X 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0335"n="327"/>
oben ein raͤcht’ er ſich an meiner Mutter,<lb/>
ohne daß ſie wußte, von wannen es kam.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>„<hirendition="#in">D</hi>a leſen Sie ſelbſt! hochzuehrende Frau<lb/>
Paſtorin. Sie kennen Bild und Uberſchrift<lb/>— wahrlich ein unwuͤrdiger Sohn einer ſo<lb/>
wuͤrdigen gottesfuͤrchtigen Mutter, die ge-<lb/>
nug fuͤr ihn gebetet und geſungen hat! So<lb/>
viel iſt indeſſen gewiß, daß er nicht der Ver-<lb/>
fuͤhrer, ſondern der Verfuͤhrte ſey. Retten<lb/>
Sie ſeine Seele, die im Argen liegt, und<lb/>
machen Sie, daß er ſie aus dem Argen ziehe,<lb/>
und in ſeinen Haͤnden trage. — Die ganze<lb/>
Gegend, und vorzuͤglich die in derſelben, ſo<lb/>ſeine Predigt angehoͤret, ziehen uͤber ihn die<lb/>
Achſeln. Man glaubt, er habe Wilhelmi-<lb/>
nen ein lebendiges Andenken zuruͤckgelaſſen.<lb/>
Das wolle der Himmel nicht! Indeſſen waͤr’<lb/>
aus den Worten: <hirendition="#fr">Mann</hi> und <hirendition="#fr">Weib, du<lb/>
und du,</hi> auf ein dergleichen im Verborgenen<lb/>
gebildetes Andenken, dem Sie, hochzueh-<lb/>
rende Frau Paſtorin! gewiß den Namen<lb/>
Großkind entziehen wuͤrden, nicht unſicher zu<lb/>ſchließen. — Das beſt’ iſt, Wilhelminen —<lb/>
den Kauf aufzukuͤndigen, und ihr bey Haͤn-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[327/0335]
oben ein raͤcht’ er ſich an meiner Mutter,
ohne daß ſie wußte, von wannen es kam.
„Da leſen Sie ſelbſt! hochzuehrende Frau
Paſtorin. Sie kennen Bild und Uberſchrift
— wahrlich ein unwuͤrdiger Sohn einer ſo
wuͤrdigen gottesfuͤrchtigen Mutter, die ge-
nug fuͤr ihn gebetet und geſungen hat! So
viel iſt indeſſen gewiß, daß er nicht der Ver-
fuͤhrer, ſondern der Verfuͤhrte ſey. Retten
Sie ſeine Seele, die im Argen liegt, und
machen Sie, daß er ſie aus dem Argen ziehe,
und in ſeinen Haͤnden trage. — Die ganze
Gegend, und vorzuͤglich die in derſelben, ſo
ſeine Predigt angehoͤret, ziehen uͤber ihn die
Achſeln. Man glaubt, er habe Wilhelmi-
nen ein lebendiges Andenken zuruͤckgelaſſen.
Das wolle der Himmel nicht! Indeſſen waͤr’
aus den Worten: Mann und Weib, du
und du, auf ein dergleichen im Verborgenen
gebildetes Andenken, dem Sie, hochzueh-
rende Frau Paſtorin! gewiß den Namen
Großkind entziehen wuͤrden, nicht unſicher zu
ſchließen. — Das beſt’ iſt, Wilhelminen —
den Kauf aufzukuͤndigen, und ihr bey Haͤn-
gen
X 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/335>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.