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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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ten von Verdacht gefallen, und da ich, wie
ihr bekannt ist, mit der Jungfer Dene in
einem Liebesverständniß stehe, so kann es
sie nicht befremden, daß ich in dieser kritischen
Zeit mehr schreibe, als ich sonst zu schreiben
gewohnt gewesen. Wenn Mine an Ort und
Stelle und, (was ich unter Ort und Stell'
einbegreife,) zu sich selbst zurückgekommen
seyn wird; so wird sie's einsehen, wie redlich
gut es Ew. Hochwohlgebohrnen mit ihr ge-
meynet. Ich weiß nicht, was sie bei der hef-
tigsten Gewissenskolik, (anders kann ich die
Stiche nicht nennen, welche die Mädchens
über dergleichen Dinge zuweilen, wenn ein
Ungewitter aufsteigt, befallen,) mehr beruhi-
gen könnte, als wenn sie erwäget, daß sie die
Ehre gehabt, in gewisser Art selbst mit Ew.
Hochwohlgebohrnen getraut zu werden. Das
Aug ist doch wohl mehr am Menschen, als
die Hand, obgleich mir noch wohl bekannt
ist, daß Ew. Hochwohlgebohrnen eine weiße
Hand nicht verachten, wie es denn auch wohl
zu seiner Zeit ein Leckerbissen seyn kann. Uebri-
gens rechnet Ew. Hochwohlgebohrnen ganz
unterthäniger Diener es sich zur vorzüglichsten
Ehre, daß Ew. Hochwohlgebohrnen ihn mit
einem so langen Briefe zu beehren geruhet.
Von Liebesbriefen im neuen Geschmack ist mir

wohl

ten von Verdacht gefallen, und da ich, wie
ihr bekannt iſt, mit der Jungfer Dene in
einem Liebesverſtaͤndniß ſtehe, ſo kann es
ſie nicht befremden, daß ich in dieſer kritiſchen
Zeit mehr ſchreibe, als ich ſonſt zu ſchreiben
gewohnt geweſen. Wenn Mine an Ort und
Stelle und, (was ich unter Ort und Stell’
einbegreife,) zu ſich ſelbſt zuruͤckgekommen
ſeyn wird; ſo wird ſie’s einſehen, wie redlich
gut es Ew. Hochwohlgebohrnen mit ihr ge-
meynet. Ich weiß nicht, was ſie bei der hef-
tigſten Gewiſſenskolik, (anders kann ich die
Stiche nicht nennen, welche die Maͤdchens
uͤber dergleichen Dinge zuweilen, wenn ein
Ungewitter aufſteigt, befallen,) mehr beruhi-
gen koͤnnte, als wenn ſie erwaͤget, daß ſie die
Ehre gehabt, in gewiſſer Art ſelbſt mit Ew.
Hochwohlgebohrnen getraut zu werden. Das
Aug iſt doch wohl mehr am Menſchen, als
die Hand, obgleich mir noch wohl bekannt
iſt, daß Ew. Hochwohlgebohrnen eine weiße
Hand nicht verachten, wie es denn auch wohl
zu ſeiner Zeit ein Leckerbiſſen ſeyn kann. Uebri-
gens rechnet Ew. Hochwohlgebohrnen ganz
unterthaͤniger Diener es ſich zur vorzuͤglichſten
Ehre, daß Ew. Hochwohlgebohrnen ihn mit
einem ſo langen Briefe zu beehren geruhet.
Von Liebesbriefen im neuen Geſchmack iſt mir

wohl
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[348/0356] ten von Verdacht gefallen, und da ich, wie ihr bekannt iſt, mit der Jungfer Dene in einem Liebesverſtaͤndniß ſtehe, ſo kann es ſie nicht befremden, daß ich in dieſer kritiſchen Zeit mehr ſchreibe, als ich ſonſt zu ſchreiben gewohnt geweſen. Wenn Mine an Ort und Stelle und, (was ich unter Ort und Stell’ einbegreife,) zu ſich ſelbſt zuruͤckgekommen ſeyn wird; ſo wird ſie’s einſehen, wie redlich gut es Ew. Hochwohlgebohrnen mit ihr ge- meynet. Ich weiß nicht, was ſie bei der hef- tigſten Gewiſſenskolik, (anders kann ich die Stiche nicht nennen, welche die Maͤdchens uͤber dergleichen Dinge zuweilen, wenn ein Ungewitter aufſteigt, befallen,) mehr beruhi- gen koͤnnte, als wenn ſie erwaͤget, daß ſie die Ehre gehabt, in gewiſſer Art ſelbſt mit Ew. Hochwohlgebohrnen getraut zu werden. Das Aug iſt doch wohl mehr am Menſchen, als die Hand, obgleich mir noch wohl bekannt iſt, daß Ew. Hochwohlgebohrnen eine weiße Hand nicht verachten, wie es denn auch wohl zu ſeiner Zeit ein Leckerbiſſen ſeyn kann. Uebri- gens rechnet Ew. Hochwohlgebohrnen ganz unterthaͤniger Diener es ſich zur vorzuͤglichſten Ehre, daß Ew. Hochwohlgebohrnen ihn mit einem ſo langen Briefe zu beehren geruhet. Von Liebesbriefen im neuen Geſchmack iſt mir wohl

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/356>, abgerufen am 22.11.2024.