Ihre Hände riß er an seine Lippen, eine nach der andern, und brannt' ihnen Küße auf. Mine fühlt' in jedem Handkuß das Siegel, das er auf seinen teuflischen Plan drückte, und ein Schreckschauer ergrif sie über den andern. -- Seine Handküsse brannten wie höllisch Feuer, auf einmal faßte sich Mine zusammen, und entriß ihm beyde Hände. -- Er zum Herrmann, mit dem er heftig sprach. -- Im Plan folgte, daß Herr- mann mitfahren sollte; allein dies unterblieb -- und Herr v. E. fuhr allein. --
Herrmann schien nicht zu wissen, wie er gegen Minen seyn sollte. -- Er wolt' und konnte nicht. -- Mine sank in eine entsetz- liche Angst: denn es fiel ihr ein, daß v. E. vielleicht seinen Plan abgeändert, und der Ueberfall noch diesen Abend erfolgen könnte! -- zwar sagt' ihr Herrmann, daß er morgen nach -- reisen würde. Er hätte mich heute schon mitgenommen; indessen sind zu viel Gäste. -- Minchens Befürchtungen wurden hiedurch nicht im mindesten widerlegt. Die Art, wie Herrmann sich gegen Minen betrug, bestätigte vielmehr ihre Furcht. -- Masken dachte sie über Masken! und rang die Hände, betete und war in einem unaussprechlichen
Zustan-
A a 4
Ihre Haͤnde riß er an ſeine Lippen, eine nach der andern, und brannt’ ihnen Kuͤße auf. Mine fuͤhlt’ in jedem Handkuß das Siegel, das er auf ſeinen teufliſchen Plan druͤckte, und ein Schreckſchauer ergrif ſie uͤber den andern. — Seine Handkuͤſſe brannten wie hoͤlliſch Feuer, auf einmal faßte ſich Mine zuſammen, und entriß ihm beyde Haͤnde. — Er zum Herrmann, mit dem er heftig ſprach. — Im Plan folgte, daß Herr- mann mitfahren ſollte; allein dies unterblieb — und Herr v. E. fuhr allein. —
Herrmann ſchien nicht zu wiſſen, wie er gegen Minen ſeyn ſollte. — Er wolt’ und konnte nicht. — Mine ſank in eine entſetz- liche Angſt: denn es fiel ihr ein, daß v. E. vielleicht ſeinen Plan abgeaͤndert, und der Ueberfall noch dieſen Abend erfolgen koͤnnte! — zwar ſagt’ ihr Herrmann, daß er morgen nach — reiſen wuͤrde. Er haͤtte mich heute ſchon mitgenommen; indeſſen ſind zu viel Gaͤſte. — Minchens Befuͤrchtungen wurden hiedurch nicht im mindeſten widerlegt. Die Art, wie Herrmann ſich gegen Minen betrug, beſtaͤtigte vielmehr ihre Furcht. — Masken dachte ſie uͤber Masken! und rang die Haͤnde, betete und war in einem unausſprechlichen
Zuſtan-
A a 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0383"n="375"/>
Ihre Haͤnde riß er an ſeine Lippen, eine<lb/>
nach der andern, und brannt’ ihnen Kuͤße<lb/>
auf. Mine fuͤhlt’ in jedem Handkuß das<lb/>
Siegel, das er auf ſeinen teufliſchen Plan<lb/>
druͤckte, und ein Schreckſchauer ergrif ſie uͤber<lb/>
den andern. — Seine Handkuͤſſe brannten<lb/>
wie hoͤlliſch Feuer, auf einmal faßte ſich<lb/>
Mine zuſammen, und entriß ihm beyde<lb/>
Haͤnde. — Er zum Herrmann, mit dem er<lb/>
heftig ſprach. — Im Plan folgte, daß Herr-<lb/>
mann mitfahren ſollte; allein dies unterblieb<lb/>— und Herr v. E. fuhr allein. —</p><lb/><p>Herrmann ſchien nicht zu wiſſen, wie er<lb/>
gegen Minen ſeyn ſollte. — Er wolt’ und<lb/>
konnte nicht. — Mine ſank in eine entſetz-<lb/>
liche Angſt: denn es fiel ihr ein, daß v. E.<lb/>
vielleicht ſeinen Plan abgeaͤndert, und der<lb/>
Ueberfall noch dieſen Abend erfolgen koͤnnte!<lb/>— zwar ſagt’ ihr Herrmann, daß er morgen<lb/>
nach — reiſen wuͤrde. Er haͤtte mich heute<lb/>ſchon mitgenommen; indeſſen ſind zu viel<lb/>
Gaͤſte. — Minchens Befuͤrchtungen wurden<lb/>
hiedurch nicht im mindeſten widerlegt. Die<lb/>
Art, wie Herrmann ſich gegen Minen betrug,<lb/>
beſtaͤtigte vielmehr ihre Furcht. — Masken<lb/>
dachte ſie uͤber Masken! und rang die Haͤnde,<lb/>
betete und war in einem unausſprechlichen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Zuſtan-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[375/0383]
Ihre Haͤnde riß er an ſeine Lippen, eine
nach der andern, und brannt’ ihnen Kuͤße
auf. Mine fuͤhlt’ in jedem Handkuß das
Siegel, das er auf ſeinen teufliſchen Plan
druͤckte, und ein Schreckſchauer ergrif ſie uͤber
den andern. — Seine Handkuͤſſe brannten
wie hoͤlliſch Feuer, auf einmal faßte ſich
Mine zuſammen, und entriß ihm beyde
Haͤnde. — Er zum Herrmann, mit dem er
heftig ſprach. — Im Plan folgte, daß Herr-
mann mitfahren ſollte; allein dies unterblieb
— und Herr v. E. fuhr allein. —
Herrmann ſchien nicht zu wiſſen, wie er
gegen Minen ſeyn ſollte. — Er wolt’ und
konnte nicht. — Mine ſank in eine entſetz-
liche Angſt: denn es fiel ihr ein, daß v. E.
vielleicht ſeinen Plan abgeaͤndert, und der
Ueberfall noch dieſen Abend erfolgen koͤnnte!
— zwar ſagt’ ihr Herrmann, daß er morgen
nach — reiſen wuͤrde. Er haͤtte mich heute
ſchon mitgenommen; indeſſen ſind zu viel
Gaͤſte. — Minchens Befuͤrchtungen wurden
hiedurch nicht im mindeſten widerlegt. Die
Art, wie Herrmann ſich gegen Minen betrug,
beſtaͤtigte vielmehr ihre Furcht. — Masken
dachte ſie uͤber Masken! und rang die Haͤnde,
betete und war in einem unausſprechlichen
Zuſtan-
A a 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/383>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.