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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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die Achtung aus dem Auge verloren, die
ich Ihnen schuldig bin. -- Mein Weg geht,
wie ich fühle, zum Himmel ein. Ich habe
zu viel Angst, zu viel Kummer erlitten, um
hoffen zu können, eher als vor Gottes Thron
bey meiner seligen, ja wohl, seligen Mutter
glücklich zu seyn! Dann, dann wird, o wie
freu' ich mich dessen! das Grab in Absicht
meines hinfälligen Theils meine Behausung,
Finsterniß mein Bette, die Verwesung mein
Vater, und die Würmer die Meinigen seyn
-- allein mein Geist! -- dort, dort werden
abgewischt werden die Thränen von meinen
Augen. -- Im Himmel ist mein Theil und
Erbe. -- Ich bitte Gott, daß ich Sie einst
auch da finden möge, mein Vater! da wo
Ruh' ist! Sie haben mir auf volle acht Tag'
Ausgabegeld gegeben; die Rechnung vom
Sonntag und Montag liegt auf ihrem
Schreibtische. Reginen hab' ich Geld auf
zwey bis drey Tage zurückgelassen, hier ist
das Uebrige vom Wochengelde. -- Ich habe
nichts von dem Ihrigen mir zugeeignet, ich
hab' Ihnen nichts entwendet. Sie berech-
neten sich mit meinem Bruder Benjamin,
und wie's mir vorkam; legten sie auch mein
Theil ab. Diesen schenk ich meinem Bruder.

Ich

die Achtung aus dem Auge verloren, die
ich Ihnen ſchuldig bin. — Mein Weg geht,
wie ich fuͤhle, zum Himmel ein. Ich habe
zu viel Angſt, zu viel Kummer erlitten, um
hoffen zu koͤnnen, eher als vor Gottes Thron
bey meiner ſeligen, ja wohl, ſeligen Mutter
gluͤcklich zu ſeyn! Dann, dann wird, o wie
freu’ ich mich deſſen! das Grab in Abſicht
meines hinfaͤlligen Theils meine Behauſung,
Finſterniß mein Bette, die Verweſung mein
Vater, und die Wuͤrmer die Meinigen ſeyn
— allein mein Geiſt! — dort, dort werden
abgewiſcht werden die Thraͤnen von meinen
Augen. — Im Himmel iſt mein Theil und
Erbe. — Ich bitte Gott, daß ich Sie einſt
auch da finden moͤge, mein Vater! da wo
Ruh’ iſt! Sie haben mir auf volle acht Tag’
Ausgabegeld gegeben; die Rechnung vom
Sonntag und Montag liegt auf ihrem
Schreibtiſche. Reginen hab’ ich Geld auf
zwey bis drey Tage zuruͤckgelaſſen, hier iſt
das Uebrige vom Wochengelde. — Ich habe
nichts von dem Ihrigen mir zugeeignet, ich
hab’ Ihnen nichts entwendet. Sie berech-
neten ſich mit meinem Bruder Benjamin,
und wie’s mir vorkam; legten ſie auch mein
Theil ab. Dieſen ſchenk ich meinem Bruder.

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[396/0406] die Achtung aus dem Auge verloren, die ich Ihnen ſchuldig bin. — Mein Weg geht, wie ich fuͤhle, zum Himmel ein. Ich habe zu viel Angſt, zu viel Kummer erlitten, um hoffen zu koͤnnen, eher als vor Gottes Thron bey meiner ſeligen, ja wohl, ſeligen Mutter gluͤcklich zu ſeyn! Dann, dann wird, o wie freu’ ich mich deſſen! das Grab in Abſicht meines hinfaͤlligen Theils meine Behauſung, Finſterniß mein Bette, die Verweſung mein Vater, und die Wuͤrmer die Meinigen ſeyn — allein mein Geiſt! — dort, dort werden abgewiſcht werden die Thraͤnen von meinen Augen. — Im Himmel iſt mein Theil und Erbe. — Ich bitte Gott, daß ich Sie einſt auch da finden moͤge, mein Vater! da wo Ruh’ iſt! Sie haben mir auf volle acht Tag’ Ausgabegeld gegeben; die Rechnung vom Sonntag und Montag liegt auf ihrem Schreibtiſche. Reginen hab’ ich Geld auf zwey bis drey Tage zuruͤckgelaſſen, hier iſt das Uebrige vom Wochengelde. — Ich habe nichts von dem Ihrigen mir zugeeignet, ich hab’ Ihnen nichts entwendet. Sie berech- neten ſich mit meinem Bruder Benjamin, und wie’s mir vorkam; legten ſie auch mein Theil ab. Dieſen ſchenk ich meinem Bruder. Ich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/406>, abgerufen am 22.11.2024.