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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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neuert und geheiliget wären. Zwar gab er
sich viele Müh', alles roh, unerneuert und
ungeheiliget zu haben: allein dahin war es
nicht zu bringen. Manche Stücke sind offenbar
Kinder neuerer Zeit; alles und jedes aber ist
Uebersetzung. Mein Vater (dies trift die
Stücke aus der Garbe) war, wie wir alle
wissen, vor dem Brande nicht musikalisch.
Die Uebersetzung seiner bäurisch zärtlichen
Liederchen ist, wie ich schon im ersten Theil an-
gemerkt, nach meines Vaters Manier. Eine
freye Uebersetzung, pflegt' er zu sagen, ist
nicht hin nicht her, ist Wein und Wasser, wo
oft das Wasser die Kraft des Weins ersäuft,
und doch, setzt' er hinzu, muß die Ueberse-
tzung frey seyn, in Absicht der Sprache, in
die man überträgt. -- Ueberhaupt sind alle
Uebersetzungen, die ich hier überliefere, mit
Haut und Haar deutsch und ehrlich, oder,
wie ich mich an einem andern Ort heilsamer
ausgedrückt kara poda. Wer mir aber des
Inhalts selbst wegen etwas anhaben will,
und sich gebehrdet, als thue er der Kunst ei-
nen Dienst dran, mag wohl bedenken, daß
Gott die Menschen aufrichtig gemacht; al-
lein sie suchen, wie es heißt, viele Künste.
Sie vergessen, daß die Lerche früh aufstehe,

und
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neuert und geheiliget waͤren. Zwar gab er
ſich viele Muͤh’, alles roh, unerneuert und
ungeheiliget zu haben: allein dahin war es
nicht zu bringen. Manche Stuͤcke ſind offenbar
Kinder neuerer Zeit; alles und jedes aber iſt
Ueberſetzung. Mein Vater (dies trift die
Stuͤcke aus der Garbe) war, wie wir alle
wiſſen, vor dem Brande nicht muſikaliſch.
Die Ueberſetzung ſeiner baͤuriſch zaͤrtlichen
Liederchen iſt, wie ich ſchon im erſten Theil an-
gemerkt, nach meines Vaters Manier. Eine
freye Ueberſetzung, pflegt’ er zu ſagen, iſt
nicht hin nicht her, iſt Wein und Waſſer, wo
oft das Waſſer die Kraft des Weins erſaͤuft,
und doch, ſetzt’ er hinzu, muß die Ueberſe-
tzung frey ſeyn, in Abſicht der Sprache, in
die man uͤbertraͤgt. — Ueberhaupt ſind alle
Ueberſetzungen, die ich hier uͤberliefere, mit
Haut und Haar deutſch und ehrlich, oder,
wie ich mich an einem andern Ort heilſamer
ausgedruͤckt καρα ποδα. Wer mir aber des
Inhalts ſelbſt wegen etwas anhaben will,
und ſich gebehrdet, als thue er der Kunſt ei-
nen Dienſt dran, mag wohl bedenken, daß
Gott die Menſchen aufrichtig gemacht; al-
lein ſie ſuchen, wie es heißt, viele Kuͤnſte.
Sie vergeſſen, daß die Lerche fruͤh aufſtehe,

und
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[553/0565] neuert und geheiliget waͤren. Zwar gab er ſich viele Muͤh’, alles roh, unerneuert und ungeheiliget zu haben: allein dahin war es nicht zu bringen. Manche Stuͤcke ſind offenbar Kinder neuerer Zeit; alles und jedes aber iſt Ueberſetzung. Mein Vater (dies trift die Stuͤcke aus der Garbe) war, wie wir alle wiſſen, vor dem Brande nicht muſikaliſch. Die Ueberſetzung ſeiner baͤuriſch zaͤrtlichen Liederchen iſt, wie ich ſchon im erſten Theil an- gemerkt, nach meines Vaters Manier. Eine freye Ueberſetzung, pflegt’ er zu ſagen, iſt nicht hin nicht her, iſt Wein und Waſſer, wo oft das Waſſer die Kraft des Weins erſaͤuft, und doch, ſetzt’ er hinzu, muß die Ueberſe- tzung frey ſeyn, in Abſicht der Sprache, in die man uͤbertraͤgt. — Ueberhaupt ſind alle Ueberſetzungen, die ich hier uͤberliefere, mit Haut und Haar deutſch und ehrlich, oder, wie ich mich an einem andern Ort heilſamer ausgedruͤckt καρα ποδα. Wer mir aber des Inhalts ſelbſt wegen etwas anhaben will, und ſich gebehrdet, als thue er der Kunſt ei- nen Dienſt dran, mag wohl bedenken, daß Gott die Menſchen aufrichtig gemacht; al- lein ſie ſuchen, wie es heißt, viele Kuͤnſte. Sie vergeſſen, daß die Lerche fruͤh aufſtehe, und M m 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/565>, abgerufen am 24.11.2024.