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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Ach, daß sich Gott erbarm,
nun bin, nun bin ich bettelarm!

Nicht, wie mich im ersten festen Schlaf ein
Blitzstral erweckte. Er schoß mir dicht vor-
bey, als wenn er sich bey mir, dem Haus-
vater melden wolte. Schnell sprang ich auf
und siehe da! mein Strohdach in Flammen!
Ich armer alter Mann! was konnt' ich? was
mehr als meine Freunde und Bekannte auf-
schreyen, die so fest schliefen, als ich geschla-
fen hatte. Ich that Schrey auf Schrey und
seht! nicht blos meine Freunde und Bekann-
ten; nein

jedes, jung und alt,
von Ehren mannigfalt,

sprang so schnell auf, als wenn es der Blitz
erweckt hätte, so als wenn es ihm überm Kopf
brannte, und kam und löschte das brennende
Strohdach meines Hauses. Der Blitz war
so gut zu bedenken, daß ich alt sey und nicht
Dächer mehr steigen könne. Er ließ sich gern
löschen, des dank' ich ihm, und noch mehr
dem lieben Gott, der den Faden in seiner Hand
behält, wenn er den Blitzknäuel auf seinen
Erdboden schießen läßt. Der liebe Gott kennt
den alten Peter, und wolte von seinem Hause

nicht
Zweiter Th. N n

Ach, daß ſich Gott erbarm,
nun bin, nun bin ich bettelarm!

Nicht, wie mich im erſten feſten Schlaf ein
Blitzſtral erweckte. Er ſchoß mir dicht vor-
bey, als wenn er ſich bey mir, dem Haus-
vater melden wolte. Schnell ſprang ich auf
und ſiehe da! mein Strohdach in Flammen!
Ich armer alter Mann! was konnt’ ich? was
mehr als meine Freunde und Bekannte auf-
ſchreyen, die ſo feſt ſchliefen, als ich geſchla-
fen hatte. Ich that Schrey auf Schrey und
ſeht! nicht blos meine Freunde und Bekann-
ten; nein

jedes, jung und alt,
von Ehren mannigfalt,

ſprang ſo ſchnell auf, als wenn es der Blitz
erweckt haͤtte, ſo als wenn es ihm uͤberm Kopf
brannte, und kam und loͤſchte das brennende
Strohdach meines Hauſes. Der Blitz war
ſo gut zu bedenken, daß ich alt ſey und nicht
Daͤcher mehr ſteigen koͤnne. Er ließ ſich gern
loͤſchen, des dank’ ich ihm, und noch mehr
dem lieben Gott, der den Faden in ſeiner Hand
behaͤlt, wenn er den Blitzknaͤuel auf ſeinen
Erdboden ſchießen laͤßt. Der liebe Gott kennt
den alten Peter, und wolte von ſeinem Hauſe

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Zweiter Th. N n
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[561/0573] Ach, daß ſich Gott erbarm, nun bin, nun bin ich bettelarm! Nicht, wie mich im erſten feſten Schlaf ein Blitzſtral erweckte. Er ſchoß mir dicht vor- bey, als wenn er ſich bey mir, dem Haus- vater melden wolte. Schnell ſprang ich auf und ſiehe da! mein Strohdach in Flammen! Ich armer alter Mann! was konnt’ ich? was mehr als meine Freunde und Bekannte auf- ſchreyen, die ſo feſt ſchliefen, als ich geſchla- fen hatte. Ich that Schrey auf Schrey und ſeht! nicht blos meine Freunde und Bekann- ten; nein jedes, jung und alt, von Ehren mannigfalt, ſprang ſo ſchnell auf, als wenn es der Blitz erweckt haͤtte, ſo als wenn es ihm uͤberm Kopf brannte, und kam und loͤſchte das brennende Strohdach meines Hauſes. Der Blitz war ſo gut zu bedenken, daß ich alt ſey und nicht Daͤcher mehr ſteigen koͤnne. Er ließ ſich gern loͤſchen, des dank’ ich ihm, und noch mehr dem lieben Gott, der den Faden in ſeiner Hand behaͤlt, wenn er den Blitzknaͤuel auf ſeinen Erdboden ſchießen laͤßt. Der liebe Gott kennt den alten Peter, und wolte von ſeinem Hauſe nicht Zweiter Th. N n

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/573>, abgerufen am 22.11.2024.