Und wie selten gehts gerade aus dem Her- zen aus. --
Der Graf fühlte, was ich sagen wollte, obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin- denkrankheit hatte gedämpft, gelöscht. Eine Rede, sie sey auch die beste, ist ein Gipsabguß der Gedanken. -- Gemeinhin verschlingen hier die sieben magere Kühe die sieben fetten, wie in Josephs Traum; indeßen ist nicht zu leugnen, daß eben dieselbe Sonne, wie ein witziger Schriftsteller sagt, die das Wachs schmilzt, die Erde versteinert, und es giebt Leute, die gern reden, und andre, die auch nur durch Reden gewonnen werden. Leidet aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß auf ihn angelegt wird? Und thut der Red- ner mehr, als seinen Bogen spannen, und auf die Herzen seiner Allerseits nach Stand und Würden Höchst und Hochzuehrenden Zu- hörer zielen? Freylich, erwiederte der Graf, wo Feuer ist, da raucht es auch. Meine Pre- diger, fuhr er fort, hab ich so ziemlich ins Geleise bey Leichenpredigten gebracht; indeßen raucht es doch noch. Conferatur:Siehe, ich komme bald, behalte was du hast, daß Niemand deine Krone nehme. Da
war
Und wie ſelten gehts gerade aus dem Her- zen aus. —
Der Graf fuͤhlte, was ich ſagen wollte, obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin- denkrankheit hatte gedaͤmpft, geloͤſcht. Eine Rede, ſie ſey auch die beſte, iſt ein Gipsabguß der Gedanken. — Gemeinhin verſchlingen hier die ſieben magere Kuͤhe die ſieben fetten, wie in Joſephs Traum; indeßen iſt nicht zu leugnen, daß eben dieſelbe Sonne, wie ein witziger Schriftſteller ſagt, die das Wachs ſchmilzt, die Erde verſteinert, und es giebt Leute, die gern reden, und andre, die auch nur durch Reden gewonnen werden. Leidet aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß auf ihn angelegt wird? Und thut der Red- ner mehr, als ſeinen Bogen ſpannen, und auf die Herzen ſeiner Allerſeits nach Stand und Wuͤrden Hoͤchſt und Hochzuehrenden Zu- hoͤrer zielen? Freylich, erwiederte der Graf, wo Feuer iſt, da raucht es auch. Meine Pre- diger, fuhr er fort, hab ich ſo ziemlich ins Geleiſe bey Leichenpredigten gebracht; indeßen raucht es doch noch. Conferatur:Siehe, ich komme bald, behalte was du haſt, daß Niemand deine Krone nehme. Da
war
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="159"/>
Und wie ſelten gehts gerade aus dem Her-<lb/>
zen aus. —</p><lb/><p>Der Graf fuͤhlte, was ich ſagen wollte,<lb/>
obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge<lb/>
blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin-<lb/>
denkrankheit hatte gedaͤmpft, geloͤſcht. Eine<lb/>
Rede, ſie ſey auch die beſte, iſt ein Gipsabguß<lb/>
der Gedanken. — Gemeinhin verſchlingen<lb/>
hier die ſieben magere Kuͤhe die ſieben fetten,<lb/>
wie in Joſephs Traum; indeßen iſt nicht zu<lb/>
leugnen, daß eben dieſelbe Sonne, wie ein<lb/>
witziger Schriftſteller ſagt, die das Wachs<lb/>ſchmilzt, die Erde verſteinert, und es giebt<lb/>
Leute, die gern reden, und andre, die auch<lb/>
nur durch Reden gewonnen werden. Leidet<lb/>
aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß<lb/>
auf ihn angelegt <hirendition="#fr">wird?</hi> Und thut der Red-<lb/>
ner mehr, als ſeinen Bogen ſpannen, und<lb/>
auf die Herzen ſeiner Allerſeits nach Stand<lb/>
und Wuͤrden Hoͤchſt und Hochzuehrenden Zu-<lb/>
hoͤrer zielen? Freylich, erwiederte der Graf,<lb/>
wo Feuer iſt, da raucht es auch. Meine Pre-<lb/>
diger, fuhr er fort, hab ich ſo ziemlich ins<lb/>
Geleiſe bey Leichenpredigten gebracht; indeßen<lb/>
raucht es doch noch. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Conferatur:</hi></hi><hirendition="#fr">Siehe,<lb/>
ich komme bald, behalte was du haſt,<lb/>
daß Niemand deine Krone nehme.</hi> Da<lb/><fwplace="bottom"type="catch">war</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[159/0165]
Und wie ſelten gehts gerade aus dem Her-
zen aus. —
Der Graf fuͤhlte, was ich ſagen wollte,
obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge
blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin-
denkrankheit hatte gedaͤmpft, geloͤſcht. Eine
Rede, ſie ſey auch die beſte, iſt ein Gipsabguß
der Gedanken. — Gemeinhin verſchlingen
hier die ſieben magere Kuͤhe die ſieben fetten,
wie in Joſephs Traum; indeßen iſt nicht zu
leugnen, daß eben dieſelbe Sonne, wie ein
witziger Schriftſteller ſagt, die das Wachs
ſchmilzt, die Erde verſteinert, und es giebt
Leute, die gern reden, und andre, die auch
nur durch Reden gewonnen werden. Leidet
aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß
auf ihn angelegt wird? Und thut der Red-
ner mehr, als ſeinen Bogen ſpannen, und
auf die Herzen ſeiner Allerſeits nach Stand
und Wuͤrden Hoͤchſt und Hochzuehrenden Zu-
hoͤrer zielen? Freylich, erwiederte der Graf,
wo Feuer iſt, da raucht es auch. Meine Pre-
diger, fuhr er fort, hab ich ſo ziemlich ins
Geleiſe bey Leichenpredigten gebracht; indeßen
raucht es doch noch. Conferatur: Siehe,
ich komme bald, behalte was du haſt,
daß Niemand deine Krone nehme. Da
war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/165>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.