Der Graf sagte zu mir: Freund! von unten auf. Ein feiner Knabe. Oehl- zweige um sein Haupt -- freye Stellung. Nichts, auch kein Paar Handschuh in den Händen; allein um ihn ein weißes weites Ge- wand, bald hätt ichs Chorhemde genannt, wenn ich hier ein christlich Wort fliegen laßen könnte.
Das Jahr hat Monate, der Monat Wo- chen, die Woche Tage, der Tag Tageszeiten. Morgen und Abend ist überall. Was An- fang hat, muß sich auch enden. Der Mensch wird gebohren und stirbt, beydes wenn sein Stündlein vorhanden ist. Er wächst hin und zurück. Er sinkt, wird hinfällig mit dem er- sten Tage, da er zu wachsen aufhörte. Seht die Tage, wie sie ab- und zunehmen, so habt ihr euer Leben. Ein Jubeljahr, ein Hun- dertjähriger, ist ausserhalb dem gemeinen, und am Ende was ist der ganze Jubel? -- Weiber, schwächliche Mannspersonen, brin- gen es im Leben am längsten, sie lebten am langsamsten in die Höhe und in die Breite, und sterben also auch so langsam wieder ab -- Mäßigkeit in Absicht des Leibes, Mäßigung in Absicht der Begierden, können uns zwar
zum
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Der Graf ſagte zu mir: Freund! von unten auf. Ein feiner Knabe. Oehl- zweige um ſein Haupt — freye Stellung. Nichts, auch kein Paar Handſchuh in den Haͤnden; allein um ihn ein weißes weites Ge- wand, bald haͤtt ichs Chorhemde genannt, wenn ich hier ein chriſtlich Wort fliegen laßen koͤnnte.
Das Jahr hat Monate, der Monat Wo- chen, die Woche Tage, der Tag Tageszeiten. Morgen und Abend iſt uͤberall. Was An- fang hat, muß ſich auch enden. Der Menſch wird gebohren und ſtirbt, beydes wenn ſein Stuͤndlein vorhanden iſt. Er waͤchſt hin und zuruͤck. Er ſinkt, wird hinfaͤllig mit dem er- ſten Tage, da er zu wachſen aufhoͤrte. Seht die Tage, wie ſie ab- und zunehmen, ſo habt ihr euer Leben. Ein Jubeljahr, ein Hun- dertjaͤhriger, iſt auſſerhalb dem gemeinen, und am Ende was iſt der ganze Jubel? — Weiber, ſchwaͤchliche Mannsperſonen, brin- gen es im Leben am laͤngſten, ſie lebten am langſamſten in die Hoͤhe und in die Breite, und ſterben alſo auch ſo langſam wieder ab — Maͤßigkeit in Abſicht des Leibes, Maͤßigung in Abſicht der Begierden, koͤnnen uns zwar
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Der Graf ſagte zu mir: Freund! von
unten auf. Ein feiner Knabe. Oehl-
zweige um ſein Haupt — freye Stellung.
Nichts, auch kein Paar Handſchuh in den
Haͤnden; allein um ihn ein weißes weites Ge-
wand, bald haͤtt ichs Chorhemde genannt,
wenn ich hier ein chriſtlich Wort fliegen laßen
koͤnnte.
Das Jahr hat Monate, der Monat Wo-
chen, die Woche Tage, der Tag Tageszeiten.
Morgen und Abend iſt uͤberall. Was An-
fang hat, muß ſich auch enden. Der Menſch
wird gebohren und ſtirbt, beydes wenn ſein
Stuͤndlein vorhanden iſt. Er waͤchſt hin und
zuruͤck. Er ſinkt, wird hinfaͤllig mit dem er-
ſten Tage, da er zu wachſen aufhoͤrte. Seht
die Tage, wie ſie ab- und zunehmen, ſo habt
ihr euer Leben. Ein Jubeljahr, ein Hun-
dertjaͤhriger, iſt auſſerhalb dem gemeinen,
und am Ende was iſt der ganze Jubel? —
Weiber, ſchwaͤchliche Mannsperſonen, brin-
gen es im Leben am laͤngſten, ſie lebten am
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/169>, abgerufen am 26.11.2024.
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