ist das beste Stück Zeug, wovon der Aller- höchste sich ein Kleid machen laßen kann. Diogenes sah einen Knaben mit der Hand Waßer schöpfen, und warf den Rest seines Mobiliarvermögens, seiner fahrenden Haab und Güther, seine Wasserschaale, dahin. Wer die Knie auf einander legt, kann ohne Tisch schreiben. Der Christ glaubt an Chri- stum. Wir an Gott, der da ist, und der da war, und der da seyn wird, in Zeit und in Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo- für mein Fleisch und Blut, das ich von mei- nem Vater seligen und meiner Mutter seliger geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn ich nur rechtschafnes Wollen habe, das Voll- bringen, steht es wohl in meinen Kräften? Meine Seele kommt mit einer Bittschrift ein, der Körper, der sich nun einmal, weil er in die Höhe geschoßen und grosmächtig ist, auf den Thron geschwungen, schlägt das Gesuch ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von Herzensgrund eingerichtet, und weder am Formale, noch am Materiale, was versehen, der Herr König Leib aber, demunerachtet den Kopf schüttelt, was kann das arme Seelchen dafür, was kann es wider Tyranney? Wenn ich wie ein Engel von der Toleranz spräche,
und
iſt das beſte Stuͤck Zeug, wovon der Aller- hoͤchſte ſich ein Kleid machen laßen kann. Diogenes ſah einen Knaben mit der Hand Waßer ſchoͤpfen, und warf den Reſt ſeines Mobiliarvermoͤgens, ſeiner fahrenden Haab und Guͤther, ſeine Waſſerſchaale, dahin. Wer die Knie auf einander legt, kann ohne Tiſch ſchreiben. Der Chriſt glaubt an Chri- ſtum. Wir an Gott, der da iſt, und der da war, und der da ſeyn wird, in Zeit und in Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo- fuͤr mein Fleiſch und Blut, das ich von mei- nem Vater ſeligen und meiner Mutter ſeliger geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn ich nur rechtſchafnes Wollen habe, das Voll- bringen, ſteht es wohl in meinen Kraͤften? Meine Seele kommt mit einer Bittſchrift ein, der Koͤrper, der ſich nun einmal, weil er in die Hoͤhe geſchoßen und grosmaͤchtig iſt, auf den Thron geſchwungen, ſchlaͤgt das Geſuch ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von Herzensgrund eingerichtet, und weder am Formale, noch am Materiale, was verſehen, der Herr Koͤnig Leib aber, demunerachtet den Kopf ſchuͤttelt, was kann das arme Seelchen dafuͤr, was kann es wider Tyranney? Wenn ich wie ein Engel von der Toleranz ſpraͤche,
und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0178"n="172"/>
iſt das beſte Stuͤck Zeug, wovon der Aller-<lb/>
hoͤchſte ſich ein Kleid machen laßen kann.<lb/>
Diogenes ſah einen Knaben mit der Hand<lb/>
Waßer ſchoͤpfen, und warf den Reſt ſeines<lb/>
Mobiliarvermoͤgens, ſeiner fahrenden Haab<lb/>
und Guͤther, ſeine Waſſerſchaale, dahin.<lb/>
Wer die Knie auf einander legt, kann ohne<lb/>
Tiſch ſchreiben. Der Chriſt glaubt an Chri-<lb/>ſtum. Wir an Gott, der da iſt, und der da<lb/>
war, und der da ſeyn wird, in Zeit und in<lb/>
Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo-<lb/>
fuͤr mein Fleiſch und Blut, das ich von mei-<lb/>
nem Vater ſeligen und meiner Mutter ſeliger<lb/>
geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn<lb/>
ich nur rechtſchafnes Wollen habe, das Voll-<lb/>
bringen, ſteht es wohl in meinen Kraͤften?<lb/>
Meine Seele kommt mit einer Bittſchrift ein,<lb/>
der Koͤrper, der ſich nun einmal, weil er in<lb/>
die Hoͤhe geſchoßen und grosmaͤchtig iſt, auf<lb/>
den Thron geſchwungen, ſchlaͤgt das Geſuch<lb/>
ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von<lb/>
Herzensgrund eingerichtet, und weder am<lb/>
Formale, noch am Materiale, was verſehen,<lb/>
der Herr Koͤnig Leib aber, demunerachtet den<lb/>
Kopf ſchuͤttelt, was kann das arme Seelchen<lb/>
dafuͤr, was kann es wider Tyranney? Wenn<lb/>
ich wie ein Engel von der Toleranz ſpraͤche,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[172/0178]
iſt das beſte Stuͤck Zeug, wovon der Aller-
hoͤchſte ſich ein Kleid machen laßen kann.
Diogenes ſah einen Knaben mit der Hand
Waßer ſchoͤpfen, und warf den Reſt ſeines
Mobiliarvermoͤgens, ſeiner fahrenden Haab
und Guͤther, ſeine Waſſerſchaale, dahin.
Wer die Knie auf einander legt, kann ohne
Tiſch ſchreiben. Der Chriſt glaubt an Chri-
ſtum. Wir an Gott, der da iſt, und der da
war, und der da ſeyn wird, in Zeit und in
Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo-
fuͤr mein Fleiſch und Blut, das ich von mei-
nem Vater ſeligen und meiner Mutter ſeliger
geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn
ich nur rechtſchafnes Wollen habe, das Voll-
bringen, ſteht es wohl in meinen Kraͤften?
Meine Seele kommt mit einer Bittſchrift ein,
der Koͤrper, der ſich nun einmal, weil er in
die Hoͤhe geſchoßen und grosmaͤchtig iſt, auf
den Thron geſchwungen, ſchlaͤgt das Geſuch
ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von
Herzensgrund eingerichtet, und weder am
Formale, noch am Materiale, was verſehen,
der Herr Koͤnig Leib aber, demunerachtet den
Kopf ſchuͤttelt, was kann das arme Seelchen
dafuͤr, was kann es wider Tyranney? Wenn
ich wie ein Engel von der Toleranz ſpraͤche,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/178>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.