Prediger, sagt' ich dem ersten, wegen der ge- habten Auslagen. Ich zog den beyden Gold- stücken kein weißes Hemd an; denn eben da- durch würd' es ein Geschenk, eine Verehrung, geworden seyn, und schenken, welch ein gräß- liches Wort ist es, unter Leuten, die empfin- den können! Der Prediger kam mir mit ei- nem gleich kalten: Wofür? entgegen, und nach einem kleinen Wortwechsel bliebs dabey, daß ich ihm die baaren Auslagen ersetzen soll- te; als Unterpfand, fuhr ich zwar eben so kalt und ehrlich, allein lange nicht so treffend und anständig, fort; ich habe kein ander Geld. Ich brauche kein Unterpfand, erwiederte der Prediger, und um der Sache ein Ende zu machen, geben sie die Auslagen, die sich auf 2 Rthlr. betragen, meinem Bruder; dem, das wußte der Prediger, durft' ich mit einem Schaustück gewis nicht ankommen. --
Daß man doch nicht umsonst sterben kann, sagte der Prediger, wir sollen nicht sorgen für den andern Morgen; unser Arme muß wei- ter hinaus, und für sein Begräbnis sorgen -- -- wie der Mann mit dem einen Handschu.
Der Organist erlies ein großes Danksa- gungsschreiben an mich, und bat höchlich sichs dagegen aus, die Stellen in seiner Abdan-
kung
Prediger, ſagt’ ich dem erſten, wegen der ge- habten Auslagen. Ich zog den beyden Gold- ſtuͤcken kein weißes Hemd an; denn eben da- durch wuͤrd’ es ein Geſchenk, eine Verehrung, geworden ſeyn, und ſchenken, welch ein graͤß- liches Wort iſt es, unter Leuten, die empfin- den koͤnnen! Der Prediger kam mir mit ei- nem gleich kalten: Wofuͤr? entgegen, und nach einem kleinen Wortwechſel bliebs dabey, daß ich ihm die baaren Auslagen erſetzen ſoll- te; als Unterpfand, fuhr ich zwar eben ſo kalt und ehrlich, allein lange nicht ſo treffend und anſtaͤndig, fort; ich habe kein ander Geld. Ich brauche kein Unterpfand, erwiederte der Prediger, und um der Sache ein Ende zu machen, geben ſie die Auslagen, die ſich auf 2 Rthlr. betragen, meinem Bruder; dem, das wußte der Prediger, durft’ ich mit einem Schauſtuͤck gewis nicht ankommen. —
Daß man doch nicht umſonſt ſterben kann, ſagte der Prediger, wir ſollen nicht ſorgen fuͤr den andern Morgen; unſer Arme muß wei- ter hinaus, und fuͤr ſein Begraͤbnis ſorgen — — wie der Mann mit dem einen Handſchu.
Der Organiſt erlies ein großes Dankſa- gungsſchreiben an mich, und bat hoͤchlich ſichs dagegen aus, die Stellen in ſeiner Abdan-
kung
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Prediger, ſagt’ ich dem erſten, wegen der ge-
habten Auslagen. Ich zog den beyden Gold-
ſtuͤcken kein weißes Hemd an; denn eben da-
durch wuͤrd’ es ein Geſchenk, eine Verehrung,
geworden ſeyn, und ſchenken, welch ein graͤß-
liches Wort iſt es, unter Leuten, die empfin-
den koͤnnen! Der Prediger kam mir mit ei-
nem gleich kalten: Wofuͤr? entgegen, und
nach einem kleinen Wortwechſel bliebs dabey,
daß ich ihm die baaren Auslagen erſetzen ſoll-
te; als Unterpfand, fuhr ich zwar eben ſo
kalt und ehrlich, allein lange nicht ſo treffend
und anſtaͤndig, fort; ich habe kein ander Geld.
Ich brauche kein Unterpfand, erwiederte der
Prediger, und um der Sache ein Ende zu
machen, geben ſie die Auslagen, die ſich auf
2 Rthlr. betragen, meinem Bruder; dem,
das wußte der Prediger, durft’ ich mit einem
Schauſtuͤck gewis nicht ankommen. —
Daß man doch nicht umſonſt ſterben kann,
ſagte der Prediger, wir ſollen nicht ſorgen fuͤr
den andern Morgen; unſer Arme muß wei-
ter hinaus, und fuͤr ſein Begraͤbnis ſorgen
— — wie der Mann mit dem einen Handſchu.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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