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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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dig. -- Schließt den Gesundesten ein, er
verweset. --

Meine Kirchhofsidee fand ich auf dem
roßgärtschen Kirchhofe am gründlichsten in
ganz Königsberg ausgeführt.

Ein vortreflicher grüner Platz, mit Bäu-
men unordentlich besetzt, zuweilen viere nicht
weit von einander, und unter ihnen ein Grab,
das sie bedecken, zuweilen ganze Stellen, als
ein Wald, und dann ein Monument, wie ver-
lohren, nicht nach Regeln der Kunst, sondern
schlechtweg gearbeitet. -- Ein lebendiger Zaun
unterscheidet einen kleinern Kirchhofstheil vom
grössern. -- So vortrefliches Grasgrün auf
diesem eingeschloßnen Platz, daß man sich
das Auge dran stärken kann. Vielleicht wird
hier das Taufwasser ausgegossen. Die andre
Seite dieser Kirchhofs-Parenthese gehet nach
dem Wasser. Dieser Einschluß, dieser Kirch-
hof im Kirchhof, dieser Status in Statu, nimmt
die Gebeine der verstorbenen Herrnhüter an
Kindesstatt an, die, nach dem sehr precisen
herrnhutschen Kunstwort, das auch dem Gra-
fen v -- eigen war, nicht sterben, sondern
heimgehen. Da ich nach meines Vaters
Weise bey allen dergleichen Dingen durch die
große Pforte zu gehen gewohnt war; so blieb

ich

dig. — Schließt den Geſundeſten ein, er
verweſet. —

Meine Kirchhofsidee fand ich auf dem
roßgaͤrtſchen Kirchhofe am gruͤndlichſten in
ganz Koͤnigsberg ausgefuͤhrt.

Ein vortreflicher gruͤner Platz, mit Baͤu-
men unordentlich beſetzt, zuweilen viere nicht
weit von einander, und unter ihnen ein Grab,
das ſie bedecken, zuweilen ganze Stellen, als
ein Wald, und dann ein Monument, wie ver-
lohren, nicht nach Regeln der Kunſt, ſondern
ſchlechtweg gearbeitet. — Ein lebendiger Zaun
unterſcheidet einen kleinern Kirchhofstheil vom
groͤſſern. — So vortrefliches Grasgruͤn auf
dieſem eingeſchloßnen Platz, daß man ſich
das Auge dran ſtaͤrken kann. Vielleicht wird
hier das Taufwaſſer ausgegoſſen. Die andre
Seite dieſer Kirchhofs-Parentheſe gehet nach
dem Waſſer. Dieſer Einſchluß, dieſer Kirch-
hof im Kirchhof, dieſer Status in Statu, nimmt
die Gebeine der verſtorbenen Herrnhuͤter an
Kindesſtatt an, die, nach dem ſehr preciſen
herrnhutſchen Kunſtwort, das auch dem Gra-
fen v — eigen war, nicht ſterben, ſondern
heimgehen. Da ich nach meines Vaters
Weiſe bey allen dergleichen Dingen durch die
große Pforte zu gehen gewohnt war; ſo blieb

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[266/0272] dig. — Schließt den Geſundeſten ein, er verweſet. — Meine Kirchhofsidee fand ich auf dem roßgaͤrtſchen Kirchhofe am gruͤndlichſten in ganz Koͤnigsberg ausgefuͤhrt. Ein vortreflicher gruͤner Platz, mit Baͤu- men unordentlich beſetzt, zuweilen viere nicht weit von einander, und unter ihnen ein Grab, das ſie bedecken, zuweilen ganze Stellen, als ein Wald, und dann ein Monument, wie ver- lohren, nicht nach Regeln der Kunſt, ſondern ſchlechtweg gearbeitet. — Ein lebendiger Zaun unterſcheidet einen kleinern Kirchhofstheil vom groͤſſern. — So vortrefliches Grasgruͤn auf dieſem eingeſchloßnen Platz, daß man ſich das Auge dran ſtaͤrken kann. Vielleicht wird hier das Taufwaſſer ausgegoſſen. Die andre Seite dieſer Kirchhofs-Parentheſe gehet nach dem Waſſer. Dieſer Einſchluß, dieſer Kirch- hof im Kirchhof, dieſer Status in Statu, nimmt die Gebeine der verſtorbenen Herrnhuͤter an Kindesſtatt an, die, nach dem ſehr preciſen herrnhutſchen Kunſtwort, das auch dem Gra- fen v — eigen war, nicht ſterben, ſondern heimgehen. Da ich nach meines Vaters Weiſe bey allen dergleichen Dingen durch die große Pforte zu gehen gewohnt war; ſo blieb ich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/272>, abgerufen am 24.11.2024.