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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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und konnt' auch noch nicht beschieden seyn.
Das erst und lezte Wort des Nathanaels war
Mine! Und dies schien die einzige Ursache,
warum Gretchen auf alle seine Fragen ant-
wortete. Er lies sich das Grab zeigen, und
weinte herzlich, wie Petrus, da er seinen Mei-
ster verrathen hatte. Da ihm Gretchen die
Stelle in Minens Testament, auf die Erinne-
rung des Predigers, (von selbst that sie es
nicht) zeigte: "Sag ihm, wenn du ihn in
"dieser Welt sprichst, daß ich ihm von Herzen
"vergeben habe" weint' er so heftig, daß er
die Hände brach, und sich an die Stirn schlug,
ohne seine aufgepuderte Perüke und die statt-
liche Verzierung zu bedenken, womit er aus-
gerüstet war. Der Prediger hatte sein gan-
zes Trostamt nöthig, um ihn wieder ins Ge-
leise zu bringen. Mein Gruß, den ihm Gret-
chen warm bestellte, kostete ihm neue Thrä-
nen; allein er tröstet' ihn auch. Die Predi-
gerin selbst, lief nicht mehr vor ihm. Seine
Thränen hatten sie aus dem andern Zimmer
herbeygelockt. Nathanael konnte nicht aus
L -- kommen. Jezt bedauert' er, daß er
zwey Stunden vor meiner Abreise sich mel-
den laßen und nach vieren vor derselben ge-
kommen wäre. Dies alles machte den Na-

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und konnt’ auch noch nicht beſchieden ſeyn.
Das erſt und lezte Wort des Nathanaels war
Mine! Und dies ſchien die einzige Urſache,
warum Gretchen auf alle ſeine Fragen ant-
wortete. Er lies ſich das Grab zeigen, und
weinte herzlich, wie Petrus, da er ſeinen Mei-
ſter verrathen hatte. Da ihm Gretchen die
Stelle in Minens Teſtament, auf die Erinne-
rung des Predigers, (von ſelbſt that ſie es
nicht) zeigte: „Sag ihm, wenn du ihn in
„dieſer Welt ſprichſt, daß ich ihm von Herzen
„vergeben habe“ weint’ er ſo heftig, daß er
die Haͤnde brach, und ſich an die Stirn ſchlug,
ohne ſeine aufgepuderte Peruͤke und die ſtatt-
liche Verzierung zu bedenken, womit er aus-
geruͤſtet war. Der Prediger hatte ſein gan-
zes Troſtamt noͤthig, um ihn wieder ins Ge-
leiſe zu bringen. Mein Gruß, den ihm Gret-
chen warm beſtellte, koſtete ihm neue Thraͤ-
nen; allein er troͤſtet’ ihn auch. Die Predi-
gerin ſelbſt, lief nicht mehr vor ihm. Seine
Thraͤnen hatten ſie aus dem andern Zimmer
herbeygelockt. Nathanael konnte nicht aus
L — kommen. Jezt bedauert’ er, daß er
zwey Stunden vor meiner Abreiſe ſich mel-
den laßen und nach vieren vor derſelben ge-
kommen waͤre. Dies alles machte den Na-

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[311/0317] und konnt’ auch noch nicht beſchieden ſeyn. Das erſt und lezte Wort des Nathanaels war Mine! Und dies ſchien die einzige Urſache, warum Gretchen auf alle ſeine Fragen ant- wortete. Er lies ſich das Grab zeigen, und weinte herzlich, wie Petrus, da er ſeinen Mei- ſter verrathen hatte. Da ihm Gretchen die Stelle in Minens Teſtament, auf die Erinne- rung des Predigers, (von ſelbſt that ſie es nicht) zeigte: „Sag ihm, wenn du ihn in „dieſer Welt ſprichſt, daß ich ihm von Herzen „vergeben habe“ weint’ er ſo heftig, daß er die Haͤnde brach, und ſich an die Stirn ſchlug, ohne ſeine aufgepuderte Peruͤke und die ſtatt- liche Verzierung zu bedenken, womit er aus- geruͤſtet war. Der Prediger hatte ſein gan- zes Troſtamt noͤthig, um ihn wieder ins Ge- leiſe zu bringen. Mein Gruß, den ihm Gret- chen warm beſtellte, koſtete ihm neue Thraͤ- nen; allein er troͤſtet’ ihn auch. Die Predi- gerin ſelbſt, lief nicht mehr vor ihm. Seine Thraͤnen hatten ſie aus dem andern Zimmer herbeygelockt. Nathanael konnte nicht aus L — kommen. Jezt bedauert’ er, daß er zwey Stunden vor meiner Abreiſe ſich mel- den laßen und nach vieren vor derſelben ge- kommen waͤre. Dies alles machte den Na- tha- U 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/317>, abgerufen am 22.11.2024.