sang ein Bauermädchen ein bekanntes Volks- lied in gleich bekannter Melodie, indem sie das Heck öfnete:
Der Mond scheint hell, Der Tod reit't schnell! Feins Liebchen, graut dir auch?
Das fehlte noch dem Nathanael, um von ganzer Seele seinen Abschied zu wünschen, und einem Plan nachzuspüren, in den Gret- chen mitgehörte. Nathanael wiederholte sei- nen Besuch, ohne sich weiter melden zu laßen. Gretchen blieb, wie sie stand und gieng. Va- ter und Mutter bedachten die erneute Perüke des Nathanaels und sein sonstiges Schnitz- werk, und halfen sich nach. Gretchens Nachläßigkeit machte Nathanael noch ver- liebter: Mine und ich blieben die Hauptma- terien. Nathanael kam auch der Ermahnung der Hanna, nie ohne Thränen, nach; in- dessen wußt er je länger je mehr es so einzu- richten, daß er Gretchen einen begehrenden Blick zuwand, den Gretchen nie auffaßte. Sein Funke zündete nicht. Jetzt war die Erlassung gekommen, die keinem in Preussen schwer wird, und wäre Nathanael das A und O in Staatssachen gewesen, da er es doch jetzt nur im Justitz-Collegio war. Der Kö-
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ſang ein Bauermaͤdchen ein bekanntes Volks- lied in gleich bekannter Melodie, indem ſie das Heck oͤfnete:
Der Mond ſcheint hell, Der Tod reit’t ſchnell! Feins Liebchen, graut dir auch?
Das fehlte noch dem Nathanael, um von ganzer Seele ſeinen Abſchied zu wuͤnſchen, und einem Plan nachzuſpuͤren, in den Gret- chen mitgehoͤrte. Nathanael wiederholte ſei- nen Beſuch, ohne ſich weiter melden zu laßen. Gretchen blieb, wie ſie ſtand und gieng. Va- ter und Mutter bedachten die erneute Peruͤke des Nathanaels und ſein ſonſtiges Schnitz- werk, und halfen ſich nach. Gretchens Nachlaͤßigkeit machte Nathanael noch ver- liebter: Mine und ich blieben die Hauptma- terien. Nathanael kam auch der Ermahnung der Hanna, nie ohne Thraͤnen, nach; in- deſſen wußt er je laͤnger je mehr es ſo einzu- richten, daß er Gretchen einen begehrenden Blick zuwand, den Gretchen nie auffaßte. Sein Funke zuͤndete nicht. Jetzt war die Erlaſſung gekommen, die keinem in Preuſſen ſchwer wird, und waͤre Nathanael das A und O in Staatsſachen geweſen, da er es doch jetzt nur im Juſtitz-Collegio war. Der Koͤ-
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ſang ein Bauermaͤdchen ein bekanntes Volks-
lied in gleich bekannter Melodie, indem ſie
das Heck oͤfnete:
Der Mond ſcheint hell,
Der Tod reit’t ſchnell!
Feins Liebchen, graut dir auch?
Das fehlte noch dem Nathanael, um von
ganzer Seele ſeinen Abſchied zu wuͤnſchen,
und einem Plan nachzuſpuͤren, in den Gret-
chen mitgehoͤrte. Nathanael wiederholte ſei-
nen Beſuch, ohne ſich weiter melden zu laßen.
Gretchen blieb, wie ſie ſtand und gieng. Va-
ter und Mutter bedachten die erneute Peruͤke
des Nathanaels und ſein ſonſtiges Schnitz-
werk, und halfen ſich nach. Gretchens
Nachlaͤßigkeit machte Nathanael noch ver-
liebter: Mine und ich blieben die Hauptma-
terien. Nathanael kam auch der Ermahnung
der Hanna, nie ohne Thraͤnen, nach; in-
deſſen wußt er je laͤnger je mehr es ſo einzu-
richten, daß er Gretchen einen begehrenden
Blick zuwand, den Gretchen nie auffaßte.
Sein Funke zuͤndete nicht. Jetzt war die
Erlaſſung gekommen, die keinem in Preuſſen
ſchwer wird, und waͤre Nathanael das A und
O in Staatsſachen geweſen, da er es doch
jetzt nur im Juſtitz-Collegio war. Der Koͤ-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/319>, abgerufen am 21.11.2024.
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