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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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fein und schön zu machen, dem Grafen die
Einwilligung mit, und siehe da! Nathanael
und Gretchen ein Paar! -- Eins hätte Gret-
chen sich gern ausgedungen, wenn es sich ge-
schickt hätte. Sie wünschte, daß Nathanael,
der sonst eben nicht unleidlich war, seine Haare
wachsen, oder sie wenigstens mit seiner Pe-
rüke so verheyrathen möchte, daß man nicht
wüste, obs Natur oder Kunst, eigen Haar
oder Perüke wäre. Die Natur trägt ihr ei-
gen Haar. Solche Wünsche heben in der
Ehe sich von selbst. Das Weinen lies dem
Nathanael, wie Hanna versicherte, nicht
übel. Die erweinte Röthe, welche sich von
einer andern, ohngefehr wie das Taufwasser
grün von andern unterscheidet, gefiel Greten
selbst. Ueber das Weinen lies sich Hanna
aus: "Es kleidet wenigen Leuten, Lachen steht
"fast allen gut; drum laßen sich die Men-
"schen fast alle im Lächeln mahlen. -- Wer
war glücklicher, als Nathanael? Daß du es
doch immer seyst, gutes Paar, ich wünsch es
von Herzen! Gretchen bestand darauf, daß
die Verlobung auf Minens Grabe geschehe.
Man bat mich schriftlich um diese Erlaubnis,
und ich bewilligte sie mit einem Seufzer, der
aber blos Minen zugehörte. Gretchen schrieb

"damit

fein und ſchoͤn zu machen, dem Grafen die
Einwilligung mit, und ſiehe da! Nathanael
und Gretchen ein Paar! — Eins haͤtte Gret-
chen ſich gern ausgedungen, wenn es ſich ge-
ſchickt haͤtte. Sie wuͤnſchte, daß Nathanael,
der ſonſt eben nicht unleidlich war, ſeine Haare
wachſen, oder ſie wenigſtens mit ſeiner Pe-
ruͤke ſo verheyrathen moͤchte, daß man nicht
wuͤſte, obs Natur oder Kunſt, eigen Haar
oder Peruͤke waͤre. Die Natur traͤgt ihr ei-
gen Haar. Solche Wuͤnſche heben in der
Ehe ſich von ſelbſt. Das Weinen lies dem
Nathanael, wie Hanna verſicherte, nicht
uͤbel. Die erweinte Roͤthe, welche ſich von
einer andern, ohngefehr wie das Taufwaſſer
gruͤn von andern unterſcheidet, gefiel Greten
ſelbſt. Ueber das Weinen lies ſich Hanna
aus: „Es kleidet wenigen Leuten, Lachen ſteht
„faſt allen gut; drum laßen ſich die Men-
„ſchen faſt alle im Laͤcheln mahlen. — Wer
war gluͤcklicher, als Nathanael? Daß du es
doch immer ſeyſt, gutes Paar, ich wuͤnſch es
von Herzen! Gretchen beſtand darauf, daß
die Verlobung auf Minens Grabe geſchehe.
Man bat mich ſchriftlich um dieſe Erlaubnis,
und ich bewilligte ſie mit einem Seufzer, der
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[318/0324] fein und ſchoͤn zu machen, dem Grafen die Einwilligung mit, und ſiehe da! Nathanael und Gretchen ein Paar! — Eins haͤtte Gret- chen ſich gern ausgedungen, wenn es ſich ge- ſchickt haͤtte. Sie wuͤnſchte, daß Nathanael, der ſonſt eben nicht unleidlich war, ſeine Haare wachſen, oder ſie wenigſtens mit ſeiner Pe- ruͤke ſo verheyrathen moͤchte, daß man nicht wuͤſte, obs Natur oder Kunſt, eigen Haar oder Peruͤke waͤre. Die Natur traͤgt ihr ei- gen Haar. Solche Wuͤnſche heben in der Ehe ſich von ſelbſt. Das Weinen lies dem Nathanael, wie Hanna verſicherte, nicht uͤbel. Die erweinte Roͤthe, welche ſich von einer andern, ohngefehr wie das Taufwaſſer gruͤn von andern unterſcheidet, gefiel Greten ſelbſt. Ueber das Weinen lies ſich Hanna aus: „Es kleidet wenigen Leuten, Lachen ſteht „faſt allen gut; drum laßen ſich die Men- „ſchen faſt alle im Laͤcheln mahlen. — Wer war gluͤcklicher, als Nathanael? Daß du es doch immer ſeyſt, gutes Paar, ich wuͤnſch es von Herzen! Gretchen beſtand darauf, daß die Verlobung auf Minens Grabe geſchehe. Man bat mich ſchriftlich um dieſe Erlaubnis, und ich bewilligte ſie mit einem Seufzer, der aber blos Minen zugehoͤrte. Gretchen ſchrieb „damit

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/324>, abgerufen am 22.11.2024.