ich mit ihm allein war, fragt' er mich ohn' End und Ziel: wenn ich denn gedächte Preus- sen zu verlaßen? Und, ohne mich zu nöthi- gen, auch nur einen Tag länger zu bleiben, war wieder ein wenn da. So bald mir über diese Eifersucht, die sich jezt in eine ungewöhn- liche Höflichkeit gegen Gretchen auflösete, nur das erste Licht aufgieng; dacht' ich auf Mit- tel, den armen Nathanael zu heilen. -- Ists nicht eigen, daß man den Eifersüchtigen allein durch Affektation beruhigen kann? Ich fieng an, gegen Gretchen mich zu zwingen, und da sie sich darüber beschwerte, sucht' ich für den Justitzrath auf eine so gute Art alles zum Besten zu kehren, daß er von Stund an, an- ders zu werden anfieng. Ganz kam er nicht ins Geleise; obgleich er nicht mehr wenn fragte.
Der Graf konnte so wenig, wie sein an Bruder statt angenommener Bedienter, auf die Hochzeit kommen. Etwas Sterbendes hielt ihn ab. Gern hätt' ich ihn zu Cana in Galiläa gesehen -- und der Königliche Rath? Auch er nicht. Er hatte einen Revisionsauf- trag erhalten. So viel weiß ich, daß er kei- ner Wittwe, ausser dem eingebildeten Ge-
winst
ich mit ihm allein war, fragt’ er mich ohn’ End und Ziel: wenn ich denn gedaͤchte Preuſ- ſen zu verlaßen? Und, ohne mich zu noͤthi- gen, auch nur einen Tag laͤnger zu bleiben, war wieder ein wenn da. So bald mir uͤber dieſe Eiferſucht, die ſich jezt in eine ungewoͤhn- liche Hoͤflichkeit gegen Gretchen aufloͤſete, nur das erſte Licht aufgieng; dacht’ ich auf Mit- tel, den armen Nathanael zu heilen. — Iſts nicht eigen, daß man den Eiferſuͤchtigen allein durch Affektation beruhigen kann? Ich fieng an, gegen Gretchen mich zu zwingen, und da ſie ſich daruͤber beſchwerte, ſucht’ ich fuͤr den Juſtitzrath auf eine ſo gute Art alles zum Beſten zu kehren, daß er von Stund an, an- ders zu werden anfieng. Ganz kam er nicht ins Geleiſe; obgleich er nicht mehr wenn fragte.
Der Graf konnte ſo wenig, wie ſein an Bruder ſtatt angenommener Bedienter, auf die Hochzeit kommen. Etwas Sterbendes hielt ihn ab. Gern haͤtt’ ich ihn zu Cana in Galilaͤa geſehen — und der Koͤnigliche Rath? Auch er nicht. Er hatte einen Reviſionsauf- trag erhalten. So viel weiß ich, daß er kei- ner Wittwe, auſſer dem eingebildeten Ge-
winſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0336"n="330"/>
ich mit ihm allein war, fragt’ er mich ohn’<lb/>
End und Ziel: wenn ich denn gedaͤchte Preuſ-<lb/>ſen zu verlaßen? Und, ohne mich zu noͤthi-<lb/>
gen, auch nur einen Tag laͤnger zu bleiben,<lb/>
war wieder ein <hirendition="#fr">wenn</hi> da. So bald mir uͤber<lb/>
dieſe Eiferſucht, die ſich jezt in eine ungewoͤhn-<lb/>
liche Hoͤflichkeit gegen Gretchen aufloͤſete, nur<lb/>
das erſte Licht aufgieng; dacht’ ich auf Mit-<lb/>
tel, den armen Nathanael zu heilen. — Iſts<lb/>
nicht eigen, daß man den Eiferſuͤchtigen allein<lb/>
durch Affektation beruhigen kann? Ich fieng<lb/>
an, gegen Gretchen mich zu zwingen, und<lb/>
da ſie ſich daruͤber beſchwerte, ſucht’ ich fuͤr<lb/>
den Juſtitzrath auf eine ſo gute Art alles zum<lb/>
Beſten zu kehren, daß er von Stund an, an-<lb/>
ders zu werden anfieng. Ganz kam er nicht<lb/>
ins Geleiſe; obgleich er nicht mehr <hirendition="#fr">wenn</hi><lb/>
fragte.</p><lb/><p>Der Graf konnte ſo wenig, wie ſein an<lb/>
Bruder ſtatt angenommener Bedienter, auf<lb/>
die Hochzeit kommen. Etwas Sterbendes<lb/>
hielt ihn ab. Gern haͤtt’ ich ihn zu Cana in<lb/>
Galilaͤa geſehen — und der Koͤnigliche Rath?<lb/>
Auch er nicht. Er hatte einen Reviſionsauf-<lb/>
trag erhalten. So viel weiß ich, daß er kei-<lb/>
ner Wittwe, auſſer dem eingebildeten Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">winſt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[330/0336]
ich mit ihm allein war, fragt’ er mich ohn’
End und Ziel: wenn ich denn gedaͤchte Preuſ-
ſen zu verlaßen? Und, ohne mich zu noͤthi-
gen, auch nur einen Tag laͤnger zu bleiben,
war wieder ein wenn da. So bald mir uͤber
dieſe Eiferſucht, die ſich jezt in eine ungewoͤhn-
liche Hoͤflichkeit gegen Gretchen aufloͤſete, nur
das erſte Licht aufgieng; dacht’ ich auf Mit-
tel, den armen Nathanael zu heilen. — Iſts
nicht eigen, daß man den Eiferſuͤchtigen allein
durch Affektation beruhigen kann? Ich fieng
an, gegen Gretchen mich zu zwingen, und
da ſie ſich daruͤber beſchwerte, ſucht’ ich fuͤr
den Juſtitzrath auf eine ſo gute Art alles zum
Beſten zu kehren, daß er von Stund an, an-
ders zu werden anfieng. Ganz kam er nicht
ins Geleiſe; obgleich er nicht mehr wenn
fragte.
Der Graf konnte ſo wenig, wie ſein an
Bruder ſtatt angenommener Bedienter, auf
die Hochzeit kommen. Etwas Sterbendes
hielt ihn ab. Gern haͤtt’ ich ihn zu Cana in
Galilaͤa geſehen — und der Koͤnigliche Rath?
Auch er nicht. Er hatte einen Reviſionsauf-
trag erhalten. So viel weiß ich, daß er kei-
ner Wittwe, auſſer dem eingebildeten Ge-
winſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/336>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.