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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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in der Nacht, während, daß bey den Israe-
liten Tag war. -- Das Licht war nicht bey
mir. Zu Gott rief ich: die Angst meines
Herzens ist gros, führe mich aus meinen Nö-
then! Siehe an meinen Jammer und Elend,
und vergib mir meine Sünde! Der Herr
sey gelobt! Ich habe Gnade funden in sei-
nen Augen, so wie den Anfang zu diesem
Briefe. Meine Brust schwoll so in die Höhe,
daß alle Bande zu reißen schienen. Jezt le-
gen sich diese Blutwogen -- obgleich ich noch
lange nicht sagen kann: es ist stille. Viel-
leicht wird es nie ganz stille. Du warst kein
Kind mehr, als du schwach und krank dani-
der lagest, und wieder gesund wurdest, ich
weiß indeß nicht wie? Der D. Saft hat we-
nig oder nichts dabey gethan, der, wenn
gleich er seinem Vater seliger eben nicht in
Wundercuren durch Heyrathen gleich kommt,
jedoch in der Apotheke zu Hause gehöret und
seine Kunst versteht, trotz Einem. Du weist,
wie Gottergeben ich damals war. Wärst du
gestorben, ich hätte keine Thräne, wie ich nach
der Liebe hoffe, sinken laßen. Seit der Mi-
nute, da ich fühlte, daß ich dich hatte, bis
jezt, da du dich zum Dienst des Herrn weihest
und heiligest -- wußt' ich, daß mein Sohn

sterb-

in der Nacht, waͤhrend, daß bey den Iſrae-
liten Tag war. — Das Licht war nicht bey
mir. Zu Gott rief ich: die Angſt meines
Herzens iſt gros, fuͤhre mich aus meinen Noͤ-
then! Siehe an meinen Jammer und Elend,
und vergib mir meine Suͤnde! Der Herr
ſey gelobt! Ich habe Gnade funden in ſei-
nen Augen, ſo wie den Anfang zu dieſem
Briefe. Meine Bruſt ſchwoll ſo in die Hoͤhe,
daß alle Bande zu reißen ſchienen. Jezt le-
gen ſich dieſe Blutwogen — obgleich ich noch
lange nicht ſagen kann: es iſt ſtille. Viel-
leicht wird es nie ganz ſtille. Du warſt kein
Kind mehr, als du ſchwach und krank dani-
der lageſt, und wieder geſund wurdeſt, ich
weiß indeß nicht wie? Der D. Saft hat we-
nig oder nichts dabey gethan, der, wenn
gleich er ſeinem Vater ſeliger eben nicht in
Wundercuren durch Heyrathen gleich kommt,
jedoch in der Apotheke zu Hauſe gehoͤret und
ſeine Kunſt verſteht, trotz Einem. Du weiſt,
wie Gottergeben ich damals war. Waͤrſt du
geſtorben, ich haͤtte keine Thraͤne, wie ich nach
der Liebe hoffe, ſinken laßen. Seit der Mi-
nute, da ich fuͤhlte, daß ich dich hatte, bis
jezt, da du dich zum Dienſt des Herrn weiheſt
und heiligeſt — wußt’ ich, daß mein Sohn

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[367/0375] in der Nacht, waͤhrend, daß bey den Iſrae- liten Tag war. — Das Licht war nicht bey mir. Zu Gott rief ich: die Angſt meines Herzens iſt gros, fuͤhre mich aus meinen Noͤ- then! Siehe an meinen Jammer und Elend, und vergib mir meine Suͤnde! Der Herr ſey gelobt! Ich habe Gnade funden in ſei- nen Augen, ſo wie den Anfang zu dieſem Briefe. Meine Bruſt ſchwoll ſo in die Hoͤhe, daß alle Bande zu reißen ſchienen. Jezt le- gen ſich dieſe Blutwogen — obgleich ich noch lange nicht ſagen kann: es iſt ſtille. Viel- leicht wird es nie ganz ſtille. Du warſt kein Kind mehr, als du ſchwach und krank dani- der lageſt, und wieder geſund wurdeſt, ich weiß indeß nicht wie? Der D. Saft hat we- nig oder nichts dabey gethan, der, wenn gleich er ſeinem Vater ſeliger eben nicht in Wundercuren durch Heyrathen gleich kommt, jedoch in der Apotheke zu Hauſe gehoͤret und ſeine Kunſt verſteht, trotz Einem. Du weiſt, wie Gottergeben ich damals war. Waͤrſt du geſtorben, ich haͤtte keine Thraͤne, wie ich nach der Liebe hoffe, ſinken laßen. Seit der Mi- nute, da ich fuͤhlte, daß ich dich hatte, bis jezt, da du dich zum Dienſt des Herrn weiheſt und heiligeſt — wußt’ ich, daß mein Sohn ſterb-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/375>, abgerufen am 22.11.2024.