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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Anekdote schwebt mir in Gedanken über: ich
hab mein Sach
; allein ich kann sie nicht
zum Stehen bringen. So gehts, je älter je
kälter! und bald wird mich der Papagay jenes
spanischen Gesandten übertreffen, welcher,
wie ein bewährter Schriftsteller versichert,
die ganze Litaney singen können. Das wär
ein Casus für mich! Was ist Nachtigall und
Lerche! und alle Finkarten gegen solch einen
Litaney Papagay -- zum erstenmahl merke
ich, daß sich Litaney und Papagay reimt!
Schön! -- Es giebt Lasten des Lebens, mein
lieber Sohn, die auch dem Christen zu schwer
zu heben sind; allein er vermag alles durch
den, der ihn mächtig macht. Er probirt
und probirt so lange, bis er hebt und trägt.
Es kommt viel drauf an, wie mans angreift,
und sich auflegt. Die Gelehrten laßen sich
gemeinhin mit einem Buch in der Hand mah-
len, und drüber wegsehend! Nicht also, mein
Sohn, wie diese Verkehrten! Ins Buch, sag'
ich, ins Buch das Auge! Glaubt, ihr Her-
ren Gelehrte Verkehrte, etwa, daß das Auge
dem, der euch sieht, verloren gehe? Eben
dieser Blick ins Buch ist das Aug' eines Ge-
lehrten, wenn er nicht ein Verkehrter seyn
will, und nun, mein Sohn, laß dich nicht

blos

Anekdote ſchwebt mir in Gedanken uͤber: ich
hab mein Sach
; allein ich kann ſie nicht
zum Stehen bringen. So gehts, je aͤlter je
kaͤlter! und bald wird mich der Papagay jenes
ſpaniſchen Geſandten uͤbertreffen, welcher,
wie ein bewaͤhrter Schriftſteller verſichert,
die ganze Litaney ſingen koͤnnen. Das waͤr
ein Caſus fuͤr mich! Was iſt Nachtigall und
Lerche! und alle Finkarten gegen ſolch einen
Litaney Papagay — zum erſtenmahl merke
ich, daß ſich Litaney und Papagay reimt!
Schoͤn! — Es giebt Laſten des Lebens, mein
lieber Sohn, die auch dem Chriſten zu ſchwer
zu heben ſind; allein er vermag alles durch
den, der ihn maͤchtig macht. Er probirt
und probirt ſo lange, bis er hebt und traͤgt.
Es kommt viel drauf an, wie mans angreift,
und ſich auflegt. Die Gelehrten laßen ſich
gemeinhin mit einem Buch in der Hand mah-
len, und druͤber wegſehend! Nicht alſo, mein
Sohn, wie dieſe Verkehrten! Ins Buch, ſag’
ich, ins Buch das Auge! Glaubt, ihr Her-
ren Gelehrte Verkehrte, etwa, daß das Auge
dem, der euch ſieht, verloren gehe? Eben
dieſer Blick ins Buch iſt das Aug’ eines Ge-
lehrten, wenn er nicht ein Verkehrter ſeyn
will, und nun, mein Sohn, laß dich nicht

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[380/0388] Anekdote ſchwebt mir in Gedanken uͤber: ich hab mein Sach; allein ich kann ſie nicht zum Stehen bringen. So gehts, je aͤlter je kaͤlter! und bald wird mich der Papagay jenes ſpaniſchen Geſandten uͤbertreffen, welcher, wie ein bewaͤhrter Schriftſteller verſichert, die ganze Litaney ſingen koͤnnen. Das waͤr ein Caſus fuͤr mich! Was iſt Nachtigall und Lerche! und alle Finkarten gegen ſolch einen Litaney Papagay — zum erſtenmahl merke ich, daß ſich Litaney und Papagay reimt! Schoͤn! — Es giebt Laſten des Lebens, mein lieber Sohn, die auch dem Chriſten zu ſchwer zu heben ſind; allein er vermag alles durch den, der ihn maͤchtig macht. Er probirt und probirt ſo lange, bis er hebt und traͤgt. Es kommt viel drauf an, wie mans angreift, und ſich auflegt. Die Gelehrten laßen ſich gemeinhin mit einem Buch in der Hand mah- len, und druͤber wegſehend! Nicht alſo, mein Sohn, wie dieſe Verkehrten! Ins Buch, ſag’ ich, ins Buch das Auge! Glaubt, ihr Her- ren Gelehrte Verkehrte, etwa, daß das Auge dem, der euch ſieht, verloren gehe? Eben dieſer Blick ins Buch iſt das Aug’ eines Ge- lehrten, wenn er nicht ein Verkehrter ſeyn will, und nun, mein Sohn, laß dich nicht blos

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/388>, abgerufen am 22.11.2024.