Prediger. Danzig 693. lesen kannst, lies es und schreib mir den Inhalt. Selbst lesen mag ich es nicht, wohl aber die Ehre und Lehre der Augspurgischen Confession von Johann Weidner, Ulm 732. Wenn es dir begegnet, kauf es. Mit Freuden ersetz ich Kosten und Porto. -- Glaub mir, mein hiesiger Aufenthalt wird nicht langwierig seyn, und ich freue mich drob, bald! bald! ausgespannt zu seyn, und ausser dem Leibe zu wallen. Meine Seele, ein Strahl aus dem göttlichen Lichte, sehnet sich zurückprallen zu können, und mit dem lieben Gott ins nähere Verkehr zu kommen! Der Tod wahrlich ist das wahre Universale wider alle Leiden dieser Zeit. Würden wir wohl Lust haben einzu- packen, wenn nicht heute hier, morgen da, ei- ner von unsern Lieblingen und Gespielen das Zeitliche segnen und aus unserm Kränzchen wie eine Rose, die am besten riecht und am ersten bricht, ausfallen würde, und was hat sie denn, die Welt, im Pallast, und in der Wächterhütte? Was hat sie denn so uns nicht naget und plaget? In der Natur ist Tag und Nacht, Sommer und Winter, Leben und Tod. Wäre nicht Abend, wär auch kein Morgen, wäre nicht
der
B b 4
Prediger. Danzig 693. leſen kannſt, lies es und ſchreib mir den Inhalt. Selbſt leſen mag ich es nicht, wohl aber die Ehre und Lehre der Augſpurgiſchen Confeſſion von Johann Weidner, Ulm 732. Wenn es dir begegnet, kauf es. Mit Freuden erſetz ich Koſten und Porto. — Glaub mir, mein hieſiger Aufenthalt wird nicht langwierig ſeyn, und ich freue mich drob, bald! bald! ausgeſpannt zu ſeyn, und auſſer dem Leibe zu wallen. Meine Seele, ein Strahl aus dem goͤttlichen Lichte, ſehnet ſich zuruͤckprallen zu koͤnnen, und mit dem lieben Gott ins naͤhere Verkehr zu kommen! Der Tod wahrlich iſt das wahre Univerſale wider alle Leiden dieſer Zeit. Wuͤrden wir wohl Luſt haben einzu- packen, wenn nicht heute hier, morgen da, ei- ner von unſern Lieblingen und Geſpielen das Zeitliche ſegnen und aus unſerm Kraͤnzchen wie eine Roſe, die am beſten riecht und am erſten bricht, ausfallen wuͤrde, und was hat ſie denn, die Welt, im Pallaſt, und in der Waͤchterhuͤtte? Was hat ſie denn ſo uns nicht naget und plaget? In der Natur iſt Tag und Nacht, Sommer und Winter, Leben und Tod. Waͤre nicht Abend, waͤr auch kein Morgen, waͤre nicht
der
B b 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0399"n="391"/><hirendition="#fr">Prediger. Danzig</hi> 693. leſen kannſt, lies<lb/>
es und ſchreib mir den Inhalt. Selbſt<lb/>
leſen mag ich es nicht, wohl aber die Ehre<lb/>
und Lehre der Augſpurgiſchen Confeſſion von<lb/>
Johann Weidner, Ulm 732. Wenn es dir<lb/>
begegnet, kauf es. Mit Freuden erſetz ich<lb/>
Koſten und Porto. — Glaub mir, mein<lb/>
hieſiger Aufenthalt wird nicht langwierig<lb/>ſeyn, und ich freue mich drob, bald! bald!<lb/>
ausgeſpannt zu ſeyn, und auſſer dem Leibe zu<lb/>
wallen. Meine Seele, ein Strahl aus dem<lb/>
goͤttlichen Lichte, ſehnet ſich zuruͤckprallen zu<lb/>
koͤnnen, und mit dem lieben Gott ins naͤhere<lb/>
Verkehr zu kommen! Der Tod wahrlich iſt<lb/>
das wahre Univerſale wider alle Leiden dieſer<lb/>
Zeit. Wuͤrden wir wohl Luſt haben einzu-<lb/>
packen, wenn nicht heute hier, morgen da, ei-<lb/>
ner von unſern Lieblingen und Geſpielen das<lb/>
Zeitliche ſegnen und aus unſerm Kraͤnzchen<lb/>
wie eine Roſe, die am beſten riecht und am<lb/>
erſten bricht, ausfallen wuͤrde, und was hat<lb/>ſie denn, die Welt, im Pallaſt, und in der<lb/>
Waͤchterhuͤtte? Was hat ſie denn<lb/><hirendition="#et">ſo uns nicht naget und plaget?</hi><lb/>
In der Natur iſt Tag und Nacht, Sommer<lb/>
und Winter, Leben und Tod. Waͤre nicht<lb/>
Abend, waͤr auch kein Morgen, waͤre nicht<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[391/0399]
Prediger. Danzig 693. leſen kannſt, lies
es und ſchreib mir den Inhalt. Selbſt
leſen mag ich es nicht, wohl aber die Ehre
und Lehre der Augſpurgiſchen Confeſſion von
Johann Weidner, Ulm 732. Wenn es dir
begegnet, kauf es. Mit Freuden erſetz ich
Koſten und Porto. — Glaub mir, mein
hieſiger Aufenthalt wird nicht langwierig
ſeyn, und ich freue mich drob, bald! bald!
ausgeſpannt zu ſeyn, und auſſer dem Leibe zu
wallen. Meine Seele, ein Strahl aus dem
goͤttlichen Lichte, ſehnet ſich zuruͤckprallen zu
koͤnnen, und mit dem lieben Gott ins naͤhere
Verkehr zu kommen! Der Tod wahrlich iſt
das wahre Univerſale wider alle Leiden dieſer
Zeit. Wuͤrden wir wohl Luſt haben einzu-
packen, wenn nicht heute hier, morgen da, ei-
ner von unſern Lieblingen und Geſpielen das
Zeitliche ſegnen und aus unſerm Kraͤnzchen
wie eine Roſe, die am beſten riecht und am
erſten bricht, ausfallen wuͤrde, und was hat
ſie denn, die Welt, im Pallaſt, und in der
Waͤchterhuͤtte? Was hat ſie denn
ſo uns nicht naget und plaget?
In der Natur iſt Tag und Nacht, Sommer
und Winter, Leben und Tod. Waͤre nicht
Abend, waͤr auch kein Morgen, waͤre nicht
der
B b 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/399>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.