Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Man sagt: der König habe blöde Augen,
und eben daher sein Blick, sein grosses Auge!
Kann seyn! Seinem Blick ist es nicht anzu-
sehen. Er hat alles an sich, was ein voll-
gültiger Blick haben kann -- König und ein
Perspektiv sind fast unzertrennlich. --

Der König hält den Soldaten für seinen
Freund, den Civilisten für seinen Unterthan.
Ist das recht? fragte der Engländer, Jun-
ker Gotthard schrie: Nein! Der Engländer
gab ihm die Hand. Der Soldat, fieng ich
an
, ist des Staats Wundarzt; der Civilist
sein Medicus! allein ich kam nicht wei-
ter
. -- Mit dem Civilisten spricht der Kö-
nig über sein beschieden Theil; mit dem Sol-
daten über alles. Ob der Soldat antwor-
ten kann, ist des Königes wenigster Kum-
mer! Alle Staaten, wenn sie gros wer-
den, sind kriegerisch. Sind sie gros, und
wollen sies bleiben, bedürfen sie Staats-
männer.

Der König will einen gewissen Esprit de
corps
in sein Heer einführen, welches das
ganze Geheimnis des Phalanxs war, so im

ersten

Man ſagt: der Koͤnig habe bloͤde Augen,
und eben daher ſein Blick, ſein groſſes Auge!
Kann ſeyn! Seinem Blick iſt es nicht anzu-
ſehen. Er hat alles an ſich, was ein voll-
guͤltiger Blick haben kann — Koͤnig und ein
Perſpektiv ſind faſt unzertrennlich. —

Der Koͤnig haͤlt den Soldaten fuͤr ſeinen
Freund, den Civiliſten fuͤr ſeinen Unterthan.
Iſt das recht? fragte der Englaͤnder, Jun-
ker Gotthard ſchrie: Nein! Der Englaͤnder
gab ihm die Hand. Der Soldat, fieng ich
an
, iſt des Staats Wundarzt; der Civiliſt
ſein Medicus! allein ich kam nicht wei-
ter
. — Mit dem Civiliſten ſpricht der Koͤ-
nig uͤber ſein beſchieden Theil; mit dem Sol-
daten uͤber alles. Ob der Soldat antwor-
ten kann, iſt des Koͤniges wenigſter Kum-
mer! Alle Staaten, wenn ſie gros wer-
den, ſind kriegeriſch. Sind ſie gros, und
wollen ſies bleiben, beduͤrfen ſie Staats-
maͤnner.

Der Koͤnig will einen gewiſſen Esprit de
corps
in ſein Heer einfuͤhren, welches das
ganze Geheimnis des Phalanxs war, ſo im

erſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0454" n="446"/>
        <p>Man &#x017F;agt: der Ko&#x0364;nig habe blo&#x0364;de Augen,<lb/>
und eben daher &#x017F;ein Blick, &#x017F;ein gro&#x017F;&#x017F;es Auge!<lb/>
Kann &#x017F;eyn! Seinem Blick i&#x017F;t es nicht anzu-<lb/>
&#x017F;ehen. Er hat alles an &#x017F;ich, was ein voll-<lb/>
gu&#x0364;ltiger Blick haben kann &#x2014; Ko&#x0364;nig und ein<lb/>
Per&#x017F;pektiv &#x017F;ind fa&#x017F;t unzertrennlich. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Ko&#x0364;nig ha&#x0364;lt den Soldaten fu&#x0364;r &#x017F;einen<lb/>
Freund, den Civili&#x017F;ten fu&#x0364;r &#x017F;einen Unterthan.<lb/>
I&#x017F;t das recht? fragte der Engla&#x0364;nder, Jun-<lb/>
ker Gotthard &#x017F;chrie: Nein! Der Engla&#x0364;nder<lb/>
gab ihm die Hand. Der Soldat, <hi rendition="#fr">fieng ich<lb/>
an</hi>, i&#x017F;t des Staats Wundarzt; der Civili&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ein Medicus! allein <hi rendition="#fr">ich kam nicht wei-<lb/>
ter</hi>. &#x2014; Mit dem Civili&#x017F;ten &#x017F;pricht der Ko&#x0364;-<lb/>
nig u&#x0364;ber &#x017F;ein be&#x017F;chieden Theil; mit dem Sol-<lb/>
daten u&#x0364;ber alles. Ob der Soldat antwor-<lb/>
ten kann, i&#x017F;t des Ko&#x0364;niges wenig&#x017F;ter Kum-<lb/>
mer! Alle Staaten, wenn &#x017F;ie gros wer-<lb/>
den, &#x017F;ind kriegeri&#x017F;ch. Sind &#x017F;ie gros, und<lb/>
wollen &#x017F;ies bleiben, bedu&#x0364;rfen &#x017F;ie Staats-<lb/>
ma&#x0364;nner.</p><lb/>
        <p>Der Ko&#x0364;nig will einen gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Esprit de<lb/>
corps</hi> in &#x017F;ein Heer einfu&#x0364;hren, welches das<lb/>
ganze Geheimnis des Phalanxs war, &#x017F;o im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er&#x017F;ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0454] Man ſagt: der Koͤnig habe bloͤde Augen, und eben daher ſein Blick, ſein groſſes Auge! Kann ſeyn! Seinem Blick iſt es nicht anzu- ſehen. Er hat alles an ſich, was ein voll- guͤltiger Blick haben kann — Koͤnig und ein Perſpektiv ſind faſt unzertrennlich. — Der Koͤnig haͤlt den Soldaten fuͤr ſeinen Freund, den Civiliſten fuͤr ſeinen Unterthan. Iſt das recht? fragte der Englaͤnder, Jun- ker Gotthard ſchrie: Nein! Der Englaͤnder gab ihm die Hand. Der Soldat, fieng ich an, iſt des Staats Wundarzt; der Civiliſt ſein Medicus! allein ich kam nicht wei- ter. — Mit dem Civiliſten ſpricht der Koͤ- nig uͤber ſein beſchieden Theil; mit dem Sol- daten uͤber alles. Ob der Soldat antwor- ten kann, iſt des Koͤniges wenigſter Kum- mer! Alle Staaten, wenn ſie gros wer- den, ſind kriegeriſch. Sind ſie gros, und wollen ſies bleiben, beduͤrfen ſie Staats- maͤnner. Der Koͤnig will einen gewiſſen Esprit de corps in ſein Heer einfuͤhren, welches das ganze Geheimnis des Phalanxs war, ſo im erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/454
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/454>, abgerufen am 21.11.2024.