Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht ru- fen, und sollte Geduld darüber haben? Ich sage euch: er wird sie erretten in einer Kürze! In der Welt verschlingen die sieben fette Kühe die sieben magere; in des Träumers Pharao- nis Traum umgekehrt! -- Wo ist deine Schö- ne, du heilige Stadt, wo dein Glanz, du Gotteshaus, wo dein Allerheiligstes, die La- de des Bundes? Wehe! wehe! wehe! dei- nen Thoren! Wehe deiner Feste! Wehe dem Tempel! Weh über dies Weh! dies lezte Weh! Weh auch mir! Mine traf mich! wie jenen Wehrufer auf Jerusalems Mauren ein römischer Pfeil, in Schlangengift getaucht -- Weh aus mir! -- wie es zischt in meinem kochenden Busen! Labung! Labung! -- Mei- ne Zunge verdorrt in dieser Quaal! Eßig und Galle! O Greul der Verwüstung! an heiliger Stäte! Fliehe auf den Berg, der du im Thal bist! Stürze in den Abgrund du, der du dich vor den Wolken bückst! Wer auf dem Felde ist, kehre nicht um, seine Kleider zu hohlen. Wer auf dem Dache ist, in bloßen Füssen, stürze nicht herab, um einer Verkältung zu entweichen! Wehe! wehe der Schwangern, die eine Tochter trägt! Wehe der Säugen- den! Sie sterben dahin in fremden Landen!
und
Auserwaͤhlten, die zu ihm Tag und Nacht ru- fen, und ſollte Geduld daruͤber haben? Ich ſage euch: er wird ſie erretten in einer Kuͤrze! In der Welt verſchlingen die ſieben fette Kuͤhe die ſieben magere; in des Traͤumers Pharao- nis Traum umgekehrt! — Wo iſt deine Schoͤ- ne, du heilige Stadt, wo dein Glanz, du Gotteshaus, wo dein Allerheiligſtes, die La- de des Bundes? Wehe! wehe! wehe! dei- nen Thoren! Wehe deiner Feſte! Wehe dem Tempel! Weh uͤber dies Weh! dies lezte Weh! Weh auch mir! Mine traf mich! wie jenen Wehrufer auf Jeruſalems Mauren ein roͤmiſcher Pfeil, in Schlangengift getaucht — Weh aus mir! — wie es ziſcht in meinem kochenden Buſen! Labung! Labung! — Mei- ne Zunge verdorrt in dieſer Quaal! Eßig und Galle! O Greul der Verwuͤſtung! an heiliger Staͤte! Fliehe auf den Berg, der du im Thal biſt! Stuͤrze in den Abgrund du, der du dich vor den Wolken buͤckſt! Wer auf dem Felde iſt, kehre nicht um, ſeine Kleider zu hohlen. Wer auf dem Dache iſt, in bloßen Fuͤſſen, ſtuͤrze nicht herab, um einer Verkaͤltung zu entweichen! Wehe! wehe der Schwangern, die eine Tochter traͤgt! Wehe der Saͤugen- den! Sie ſterben dahin in fremden Landen!
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Auserwaͤhlten, die zu ihm Tag und Nacht ru-
fen, und ſollte Geduld daruͤber haben? Ich
ſage euch: er wird ſie erretten in einer Kuͤrze!
In der Welt verſchlingen die ſieben fette Kuͤhe
die ſieben magere; in des Traͤumers Pharao-
nis Traum umgekehrt! — Wo iſt deine Schoͤ-
ne, du heilige Stadt, wo dein Glanz, du
Gotteshaus, wo dein Allerheiligſtes, die La-
de des Bundes? Wehe! wehe! wehe! dei-
nen Thoren! Wehe deiner Feſte! Wehe dem
Tempel! Weh uͤber dies Weh! dies lezte
Weh! Weh auch mir! Mine traf mich! wie
jenen Wehrufer auf Jeruſalems Mauren ein
roͤmiſcher Pfeil, in Schlangengift getaucht —
Weh aus mir! — wie es ziſcht in meinem
kochenden Buſen! Labung! Labung! — Mei-
ne Zunge verdorrt in dieſer Quaal! Eßig und
Galle! O Greul der Verwuͤſtung! an heiliger
Staͤte! Fliehe auf den Berg, der du im Thal
biſt! Stuͤrze in den Abgrund du, der du dich
vor den Wolken buͤckſt! Wer auf dem Felde
iſt, kehre nicht um, ſeine Kleider zu hohlen.
Wer auf dem Dache iſt, in bloßen Fuͤſſen,
ſtuͤrze nicht herab, um einer Verkaͤltung zu
entweichen! Wehe! wehe der Schwangern,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/101>, abgerufen am 21.11.2024.
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