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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Er war -- ich sage das Wort war,
anstatt ist zum erstenmahl, und ich fühl
es, es ist das erstemahl. Er war mein
Freund
! er war, ich will mich an dies
Wort gewöhnen, er war ein Freund der
Wahrheit, und ich kann hinzusetzen, ein
Freund Gottes und der Menschen, nach
seinem Bilde gemacht -- Gemeynt hat
er es gut, das wissen wir alle, mit Gott
und Menschen. Was können leichte
Wolken der Sonne schaden? sie darf
sich nicht vordrengen, sie leuchtet ohn-
gesucht hervor, und jeder sagt: die liebe
Sonne! Er dachte nicht, so wie wir,
Freunde! Ihr wisset, daß er und ich
uns darob wie Lot und Abraham trenn-
ten, und fiel etwas vor, was nicht ganz
wie Lot und Abraham war! Verzeih'
es Gott! bey dem viel Verzeihung ist.
Ich bekenn' es frey, ich war bey dieser
Trennung der Eiferer, und der Eifer
thut nicht jederzeit, was recht ist --
Mein Trost ist, daß auch ich es gut
meynte! O Gott, wie oft ringt meine
Seele zu dir! Wie oft bet' ich in mei-
ner Einsamkeit, nur allein von dir ge-
hört: Erforsche mich Gott, und erfahre

mein

Er war — ich ſage das Wort war,
anſtatt iſt zum erſtenmahl, und ich fuͤhl
es, es iſt das erſtemahl. Er war mein
Freund
! er war, ich will mich an dies
Wort gewoͤhnen, er war ein Freund der
Wahrheit, und ich kann hinzuſetzen, ein
Freund Gottes und der Menſchen, nach
ſeinem Bilde gemacht — Gemeynt hat
er es gut, das wiſſen wir alle, mit Gott
und Menſchen. Was koͤnnen leichte
Wolken der Sonne ſchaden? ſie darf
ſich nicht vordrengen, ſie leuchtet ohn-
geſucht hervor, und jeder ſagt: die liebe
Sonne! Er dachte nicht, ſo wie wir,
Freunde! Ihr wiſſet, daß er und ich
uns darob wie Lot und Abraham trenn-
ten, und fiel etwas vor, was nicht ganz
wie Lot und Abraham war! Verzeih’
es Gott! bey dem viel Verzeihung iſt.
Ich bekenn’ es frey, ich war bey dieſer
Trennung der Eiferer, und der Eifer
thut nicht jederzeit, was recht iſt —
Mein Troſt iſt, daß auch ich es gut
meynte! O Gott, wie oft ringt meine
Seele zu dir! Wie oft bet’ ich in mei-
ner Einſamkeit, nur allein von dir ge-
hoͤrt: Erforſche mich Gott, und erfahre

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[158/0164] Er war — ich ſage das Wort war, anſtatt iſt zum erſtenmahl, und ich fuͤhl es, es iſt das erſtemahl. Er war mein Freund! er war, ich will mich an dies Wort gewoͤhnen, er war ein Freund der Wahrheit, und ich kann hinzuſetzen, ein Freund Gottes und der Menſchen, nach ſeinem Bilde gemacht — Gemeynt hat er es gut, das wiſſen wir alle, mit Gott und Menſchen. Was koͤnnen leichte Wolken der Sonne ſchaden? ſie darf ſich nicht vordrengen, ſie leuchtet ohn- geſucht hervor, und jeder ſagt: die liebe Sonne! Er dachte nicht, ſo wie wir, Freunde! Ihr wiſſet, daß er und ich uns darob wie Lot und Abraham trenn- ten, und fiel etwas vor, was nicht ganz wie Lot und Abraham war! Verzeih’ es Gott! bey dem viel Verzeihung iſt. Ich bekenn’ es frey, ich war bey dieſer Trennung der Eiferer, und der Eifer thut nicht jederzeit, was recht iſt — Mein Troſt iſt, daß auch ich es gut meynte! O Gott, wie oft ringt meine Seele zu dir! Wie oft bet’ ich in mei- ner Einſamkeit, nur allein von dir ge- hoͤrt: Erforſche mich Gott, und erfahre mein

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/164>, abgerufen am 27.11.2024.