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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Glauben, im gemeinen Leben, heißt, an-
derer Meynungen annehmen. Thun, heißt
nach seiner Ueberzeugung handeln.

Verstand haben, heißt etwas verstehen.

Leichtsinnig ist der, welcher alles leicht
faßt; allein eben darum gehts hier herein,
dort heraus. Der Pastor sagt: ich wäre
leichtsinnig; allein dieser Aufsatz selbst mag
Richter seyn, zwischen mir und ihm. Ist
denn die Saat, die der Pastor ausgestreut,
auf einen Felsen gefallen, wo, wenn es reg-
net, die Saat zwar keimen, ihr Haupt em-
por heben, allein nicht Wurzel schlagen kann?
wie solches alles der alte Herr in Music ge-
setzt hat. Ist die Saat in Rüsicht meiner
auf einen so harten Boden gefallen, daß sie
keinen Eindruck gemacht, sondern dem Vo-
gel zum gesunden Fraß und dem Wanderer
zum Spiel gereichet? Wie der Wanderer sie
da mit seinem Stabe aufsprenget! Gehör
ich denn nicht zu den Seligen, die Got-
tes Wort hören und bewahren? Ein Schwär-
mer bin ich nicht, der alles gierig und heiß
ißt, und sich total den Magen verdirbt. Er
kann die Zeit nicht abwarten -- --

Alles ist Geschichte in der Welt, und da
kommts freylich viel drauf an; ob ich selbst

gese-
Q 5

Glauben, im gemeinen Leben, heißt, an-
derer Meynungen annehmen. Thun, heißt
nach ſeiner Ueberzeugung handeln.

Verſtand haben, heißt etwas verſtehen.

Leichtſinnig iſt der, welcher alles leicht
faßt; allein eben darum gehts hier herein,
dort heraus. Der Paſtor ſagt: ich waͤre
leichtſinnig; allein dieſer Aufſatz ſelbſt mag
Richter ſeyn, zwiſchen mir und ihm. Iſt
denn die Saat, die der Paſtor ausgeſtreut,
auf einen Felſen gefallen, wo, wenn es reg-
net, die Saat zwar keimen, ihr Haupt em-
por heben, allein nicht Wurzel ſchlagen kann?
wie ſolches alles der alte Herr in Muſic ge-
ſetzt hat. Iſt die Saat in Ruͤſicht meiner
auf einen ſo harten Boden gefallen, daß ſie
keinen Eindruck gemacht, ſondern dem Vo-
gel zum geſunden Fraß und dem Wanderer
zum Spiel gereichet? Wie der Wanderer ſie
da mit ſeinem Stabe aufſprenget! Gehoͤr
ich denn nicht zu den Seligen, die Got-
tes Wort hoͤren und bewahren? Ein Schwaͤr-
mer bin ich nicht, der alles gierig und heiß
ißt, und ſich total den Magen verdirbt. Er
kann die Zeit nicht abwarten — —

Alles iſt Geſchichte in der Welt, und da
kommts freylich viel drauf an; ob ich ſelbſt

geſe-
Q 5
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[249/0255] Glauben, im gemeinen Leben, heißt, an- derer Meynungen annehmen. Thun, heißt nach ſeiner Ueberzeugung handeln. Verſtand haben, heißt etwas verſtehen. Leichtſinnig iſt der, welcher alles leicht faßt; allein eben darum gehts hier herein, dort heraus. Der Paſtor ſagt: ich waͤre leichtſinnig; allein dieſer Aufſatz ſelbſt mag Richter ſeyn, zwiſchen mir und ihm. Iſt denn die Saat, die der Paſtor ausgeſtreut, auf einen Felſen gefallen, wo, wenn es reg- net, die Saat zwar keimen, ihr Haupt em- por heben, allein nicht Wurzel ſchlagen kann? wie ſolches alles der alte Herr in Muſic ge- ſetzt hat. Iſt die Saat in Ruͤſicht meiner auf einen ſo harten Boden gefallen, daß ſie keinen Eindruck gemacht, ſondern dem Vo- gel zum geſunden Fraß und dem Wanderer zum Spiel gereichet? Wie der Wanderer ſie da mit ſeinem Stabe aufſprenget! Gehoͤr ich denn nicht zu den Seligen, die Got- tes Wort hoͤren und bewahren? Ein Schwaͤr- mer bin ich nicht, der alles gierig und heiß ißt, und ſich total den Magen verdirbt. Er kann die Zeit nicht abwarten — — Alles iſt Geſchichte in der Welt, und da kommts freylich viel drauf an; ob ich ſelbſt geſe- Q 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/255>, abgerufen am 27.11.2024.