nung war, daß auch ein Diskantist schon ein Thierchen für sein Stimmchen in der Bibel finden würde! --
Der preußische Dienst hatte so viel An- zügliches für mich, daß ich lange kämpfen mußte, wo ich den Tod, den lieben Tod, su- chen solte? Da fiel mir noch zu rechter Zeit ein Gespräch ein, das der Professor und der Officier beym Königlichen Rath über diese Materie gehalten. Es ward von einem jun- gen Mann gesprochen, welcher durchaus und wider seiner Eltern Willen, wie es der Pro- fessor hies, dem Kalbfell und nicht den Pro- legomenen der Metaphysik folgen wollte.
Der Kalbfell-Ausdruck fiel dem Officier auf. Er foderte den Professor; hier ist das Duell:
Und wenn er will?
Der Verstand ist frey!
Der Wille nicht?
Wer sich auf den Verstand verläßt, was thut der.
Alles!
Mit der Feder?
mit dem Kopf überall der Soldat. Freund! ich laß ihrem Stande alle Gerechtigkeit wie-
der-
U 5
nung war, daß auch ein Diskantiſt ſchon ein Thierchen fuͤr ſein Stimmchen in der Bibel finden wuͤrde! —
Der preußiſche Dienſt hatte ſo viel An- zuͤgliches fuͤr mich, daß ich lange kaͤmpfen mußte, wo ich den Tod, den lieben Tod, ſu- chen ſolte? Da fiel mir noch zu rechter Zeit ein Geſpraͤch ein, das der Profeſſor und der Officier beym Koͤniglichen Rath uͤber dieſe Materie gehalten. Es ward von einem jun- gen Mann geſprochen, welcher durchaus und wider ſeiner Eltern Willen, wie es der Pro- feſſor hies, dem Kalbfell und nicht den Pro- legomenen der Metaphyſik folgen wollte.
Der Kalbfell-Ausdruck fiel dem Officier auf. Er foderte den Profeſſor; hier iſt das Duell:
Und wenn er will?
Der Verſtand iſt frey!
Der Wille nicht?
Wer ſich auf den Verſtand verlaͤßt, was thut der.
Alles!
Mit der Feder?
mit dem Kopf uͤberall der Soldat. Freund! ich laß ihrem Stande alle Gerechtigkeit wie-
der-
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nung war, daß auch ein Diskantiſt ſchon ein
Thierchen fuͤr ſein Stimmchen in der Bibel
finden wuͤrde! —
Der preußiſche Dienſt hatte ſo viel An-
zuͤgliches fuͤr mich, daß ich lange kaͤmpfen
mußte, wo ich den Tod, den lieben Tod, ſu-
chen ſolte? Da fiel mir noch zu rechter Zeit
ein Geſpraͤch ein, das der Profeſſor und der
Officier beym Koͤniglichen Rath uͤber dieſe
Materie gehalten. Es ward von einem jun-
gen Mann geſprochen, welcher durchaus und
wider ſeiner Eltern Willen, wie es der Pro-
feſſor hies, dem Kalbfell und nicht den Pro-
legomenen der Metaphyſik folgen wollte.
Der Kalbfell-Ausdruck fiel dem Officier
auf. Er foderte den Profeſſor; hier iſt das
Duell:
Und wenn er will?
Der Verſtand iſt frey!
Der Wille nicht?
Wer ſich auf den Verſtand verlaͤßt, was
thut der.
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Mit der Feder?
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/319>, abgerufen am 25.11.2024.
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