Semgallen? und was den Türken? -- Wem fält hier nicht seine Reise ein, die er mit mei- ner Mutter des Abends zum Grabe Christi anstellte. Des Morgens, wenn beyde zu Hause wieder eintrafen, hatte keines einen Türken gesehen. -- --
Junker Gotthard hatte, nach dem Tode seines Vaters, von seiner Mutter dringende Briefe zurückzukommen. Schnell fiel ihm auf einmal seine unverkrümmte und unverkratzte, reif wie die Natur herausgegangene, wie eine Göttin ausgewachsene Trine ein, gegen die alles, was er in Königsberg schönes erjaget, nur mangelhafte Kopien blieben. Was das für ein Geruch ist, sagt' er mir einen Abend, wenn die Pomade auf den Kopf und die Rose am Busen im Wettstreit sind! Nun war Junker Gotthard fertig. Er sagte selbst, daß er wie aus der Pistole abgehen wolte. Un- vergeßlich ist mir der Abend, da die Nachricht von seines Vaters Beförderung eingieng. Seine Mutter hatte mir übertragen, ihm die- sen Todesfall gelegentlich im Säftchen beyzu- bringen. Er kam mir mehr, als halbes We- ges, entgegen. Meine Vorbereitung indes-
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Semgallen? und was den Tuͤrken? — Wem faͤlt hier nicht ſeine Reiſe ein, die er mit mei- ner Mutter des Abends zum Grabe Chriſti anſtellte. Des Morgens, wenn beyde zu Hauſe wieder eintrafen, hatte keines einen Tuͤrken geſehen. — —
Junker Gotthard hatte, nach dem Tode ſeines Vaters, von ſeiner Mutter dringende Briefe zuruͤckzukommen. Schnell fiel ihm auf einmal ſeine unverkruͤmmte und unverkratzte, reif wie die Natur herausgegangene, wie eine Goͤttin ausgewachſene Trine ein, gegen die alles, was er in Koͤnigsberg ſchoͤnes erjaget, nur mangelhafte Kopien blieben. Was das fuͤr ein Geruch iſt, ſagt’ er mir einen Abend, wenn die Pomade auf den Kopf und die Roſe am Buſen im Wettſtreit ſind! Nun war Junker Gotthard fertig. Er ſagte ſelbſt, daß er wie aus der Piſtole abgehen wolte. Un- vergeßlich iſt mir der Abend, da die Nachricht von ſeines Vaters Befoͤrderung eingieng. Seine Mutter hatte mir uͤbertragen, ihm die- ſen Todesfall gelegentlich im Saͤftchen beyzu- bringen. Er kam mir mehr, als halbes We- ges, entgegen. Meine Vorbereitung indeſ-
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Semgallen? und was den Tuͤrken? — Wem
faͤlt hier nicht ſeine Reiſe ein, die er mit mei-
ner Mutter des Abends zum Grabe Chriſti
anſtellte. Des Morgens, wenn beyde zu
Hauſe wieder eintrafen, hatte keines einen
Tuͤrken geſehen. — —
Junker Gotthard hatte, nach dem Tode
ſeines Vaters, von ſeiner Mutter dringende
Briefe zuruͤckzukommen. Schnell fiel ihm auf
einmal ſeine unverkruͤmmte und unverkratzte,
reif wie die Natur herausgegangene, wie eine
Goͤttin ausgewachſene Trine ein, gegen die
alles, was er in Koͤnigsberg ſchoͤnes erjaget,
nur mangelhafte Kopien blieben. Was das
fuͤr ein Geruch iſt, ſagt’ er mir einen Abend,
wenn die Pomade auf den Kopf und die Roſe
am Buſen im Wettſtreit ſind! Nun war
Junker Gotthard fertig. Er ſagte ſelbſt, daß
er wie aus der Piſtole abgehen wolte. Un-
vergeßlich iſt mir der Abend, da die Nachricht
von ſeines Vaters Befoͤrderung eingieng.
Seine Mutter hatte mir uͤbertragen, ihm die-
ſen Todesfall gelegentlich im Saͤftchen beyzu-
bringen. Er kam mir mehr, als halbes We-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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