sen verpfuschte mir eine Scene nicht, auf die ich es geflissentlich anlegte. Er ist geborgen, fieng er an! Was meynst du, Bruder, ich werde nicht alt werden? Mit diesen Worten stützte sich Junker Gotthard auf drey Finger seiner linken Hand, (Er hatte starke Finger,) und blieb so eine Viertelstunde. Jezt sprang er auf und murmelte die Melodie: Wenn mein Stündlein vorhanden ist. Das En- de vom Liede, fieng er zu mir nach dem drit- ten Vers an, das Ende vom Liede, Bruder! ist sterben -- Wir leben für nichts und wie- der nichts. Eins kommt zum andern, erwie- dert' ich, es giebt auch schöne Tage in der Welt.
er, Summa Summarum, was ist das Leben?
ich, Freylich, der schönste ist der Sterb- tag!
er, Gelt! es war ein Mann, mein Vater! ich will nicht ruhmredig seyn. Ich werde nie werden, was er war! --
Wahr! Bruder! ich vergesse nie ihn und den Alten mit dem einen Handschu! den er jezt mit Vor- und Zunamen kennt!
Junker Gotthard hohlte sich den Calender und brachte ganz richtig heraus, daß sein Va-
ter
ſen verpfuſchte mir eine Scene nicht, auf die ich es gefliſſentlich anlegte. Er iſt geborgen, fieng er an! Was meynſt du, Bruder, ich werde nicht alt werden? Mit dieſen Worten ſtuͤtzte ſich Junker Gotthard auf drey Finger ſeiner linken Hand, (Er hatte ſtarke Finger,) und blieb ſo eine Viertelſtunde. Jezt ſprang er auf und murmelte die Melodie: Wenn mein Stuͤndlein vorhanden iſt. Das En- de vom Liede, fieng er zu mir nach dem drit- ten Vers an, das Ende vom Liede, Bruder! iſt ſterben — Wir leben fuͤr nichts und wie- der nichts. Eins kommt zum andern, erwie- dert’ ich, es giebt auch ſchoͤne Tage in der Welt.
er, Summa Summarum, was iſt das Leben?
ich, Freylich, der ſchoͤnſte iſt der Sterb- tag!
er, Gelt! es war ein Mann, mein Vater! ich will nicht ruhmredig ſeyn. Ich werde nie werden, was er war! —
Wahr! Bruder! ich vergeſſe nie ihn und den Alten mit dem einen Handſchu! den er jezt mit Vor- und Zunamen kennt!
Junker Gotthard hohlte ſich den Calender und brachte ganz richtig heraus, daß ſein Va-
ter
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ſen verpfuſchte mir eine Scene nicht, auf die
ich es gefliſſentlich anlegte. Er iſt geborgen,
fieng er an! Was meynſt du, Bruder, ich
werde nicht alt werden? Mit dieſen Worten
ſtuͤtzte ſich Junker Gotthard auf drey Finger
ſeiner linken Hand, (Er hatte ſtarke Finger,)
und blieb ſo eine Viertelſtunde. Jezt ſprang
er auf und murmelte die Melodie: Wenn
mein Stuͤndlein vorhanden iſt. Das En-
de vom Liede, fieng er zu mir nach dem drit-
ten Vers an, das Ende vom Liede, Bruder!
iſt ſterben — Wir leben fuͤr nichts und wie-
der nichts. Eins kommt zum andern, erwie-
dert’ ich, es giebt auch ſchoͤne Tage in der
Welt.
er, Summa Summarum, was iſt das
Leben?
ich, Freylich, der ſchoͤnſte iſt der Sterb-
tag!
er, Gelt! es war ein Mann, mein Vater!
ich will nicht ruhmredig ſeyn. Ich werde
nie werden, was er war! —
Wahr! Bruder! ich vergeſſe nie ihn und
den Alten mit dem einen Handſchu! den er
jezt mit Vor- und Zunamen kennt!
Junker Gotthard hohlte ſich den Calender
und brachte ganz richtig heraus, daß ſein Va-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/336>, abgerufen am 24.11.2024.
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