wäre! Eben weil es wie Kinderspiel aussieht, wird es auch von allen Kindern, so bald sie Soldaten sehen, nachgemacht! Man muß sich dicht halten, wie Ein Mann, ist eine Folge dieser Regel. Ein takthaltender Marsch ist Beweiß eines Phalanxs. Der Mensch braucht was unsichtbares, an das er sich hält, und das ist die Ordnung. So bald etwas unre- gelmäßiges, eine Lücke, sich vorfindet, sieht der Feind, daß sein Gegner nicht mehr für ei- nen Mann steht. Sein Muth wächset -- er wagt! Er siegt! Die Furcht siegt öfter, als Grundsätze der Herzhaftigkeit. Die Furcht schützet Königreiche. Sie ist eine Kunst, wo- durch wir andere glauben machen, wir fürch- teten uns für nichts. Daher so viele Thra- sonen, so viele Donner ohne Blitze! -- Ent- halte dich von allem Gewissensvorwurf, wenn du wider deine Feinde ausziehst: das ist wahr- lich kein Feldpredigertext, sondern ein theures werthes Wort! Ists ein Gott, der uns ent- gegen ist; wir haben eine gerechte Sache. Ist es ein Mensch; wir sind das, was er ist. Was meynen Sie, meine Herren! würde sich Aristander bedenken, den Phalanx über diese Worte in beliebter Kürze und Einfalt von den Gesinnungen eines Helden zu unter-
halten.
waͤre! Eben weil es wie Kinderſpiel ausſieht, wird es auch von allen Kindern, ſo bald ſie Soldaten ſehen, nachgemacht! Man muß ſich dicht halten, wie Ein Mann, iſt eine Folge dieſer Regel. Ein takthaltender Marſch iſt Beweiß eines Phalanxs. Der Menſch braucht was unſichtbares, an das er ſich haͤlt, und das iſt die Ordnung. So bald etwas unre- gelmaͤßiges, eine Luͤcke, ſich vorfindet, ſieht der Feind, daß ſein Gegner nicht mehr fuͤr ei- nen Mann ſteht. Sein Muth waͤchſet — er wagt! Er ſiegt! Die Furcht ſiegt oͤfter, als Grundſaͤtze der Herzhaftigkeit. Die Furcht ſchuͤtzet Koͤnigreiche. Sie iſt eine Kunſt, wo- durch wir andere glauben machen, wir fuͤrch- teten uns fuͤr nichts. Daher ſo viele Thra- ſonen, ſo viele Donner ohne Blitze! — Ent- halte dich von allem Gewiſſensvorwurf, wenn du wider deine Feinde ausziehſt: das iſt wahr- lich kein Feldpredigertext, ſondern ein theures werthes Wort! Iſts ein Gott, der uns ent- gegen iſt; wir haben eine gerechte Sache. Iſt es ein Menſch; wir ſind das, was er iſt. Was meynen Sie, meine Herren! wuͤrde ſich Ariſtander bedenken, den Phalanx uͤber dieſe Worte in beliebter Kuͤrze und Einfalt von den Geſinnungen eines Helden zu unter-
halten.
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waͤre! Eben weil es wie Kinderſpiel ausſieht,
wird es auch von allen Kindern, ſo bald ſie
Soldaten ſehen, nachgemacht! Man muß ſich
dicht halten, wie Ein Mann, iſt eine Folge
dieſer Regel. Ein takthaltender Marſch iſt
Beweiß eines Phalanxs. Der Menſch braucht
was unſichtbares, an das er ſich haͤlt, und
das iſt die Ordnung. So bald etwas unre-
gelmaͤßiges, eine Luͤcke, ſich vorfindet, ſieht
der Feind, daß ſein Gegner nicht mehr fuͤr ei-
nen Mann ſteht. Sein Muth waͤchſet — er
wagt! Er ſiegt! Die Furcht ſiegt oͤfter, als
Grundſaͤtze der Herzhaftigkeit. Die Furcht
ſchuͤtzet Koͤnigreiche. Sie iſt eine Kunſt, wo-
durch wir andere glauben machen, wir fuͤrch-
teten uns fuͤr nichts. Daher ſo viele Thra-
ſonen, ſo viele Donner ohne Blitze! — Ent-
halte dich von allem Gewiſſensvorwurf, wenn
du wider deine Feinde ausziehſt: das iſt wahr-
lich kein Feldpredigertext, ſondern ein theures
werthes Wort! Iſts ein Gott, der uns ent-
gegen iſt; wir haben eine gerechte Sache.
Iſt es ein Menſch; wir ſind das, was er iſt.
Was meynen Sie, meine Herren! wuͤrde ſich
Ariſtander bedenken, den Phalanx uͤber dieſe
Worte in beliebter Kuͤrze und Einfalt von
den Geſinnungen eines Helden zu unter-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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