halten. Ich wünschte, er ließe die Predigt drucken! --
Die Furcht ist wahrlich ein größeres Ue- bel, als das, wofür man sich fürchtet! Was ist es denn, worüber dir die Zähne klappern, als Störche, worüber dir die Sporen zittern, als wolten sie einen Ton angeben? Tritt ihm doch näher; es ist dein Schatten! Die Arze- ney ist ärger, als die Krankheit! Junker Gotthard (bey seiner Eheverbindung kann ihm dieser Umstand weder Schaden noch Lei- des thun,) fürchtete sich in -- -- in einem Zimmer allein zu schlafen, wo Alexander der Große gemahlt war! Es waren doch noch andere Bilder da, sagt' ich ihm, Bruder! die du, im Fall der Noth, zu Hülfe ru- fen können. Er war getroffen, fuhr Gott- hard fort, als wolt' er mit mir sprechen. Immer gerade zu auf mich! Da wandelte mir auf einmal die Vorstellung an: wie leicht kann er lebendig werden! Bruder! hast du ihm denn ins Gesicht gesehen? -- Ein preu- ßischer Corporal mit einem Stutzbart gut ge- troffen, würde eher zu fürchten seyn. Alex- ander hat so wie alle seines Gleichen etwas von einer Kinderwärterin, von einer Amme, im Gesicht. Bey mir hieß es, in Rücksicht
auf
halten. Ich wuͤnſchte, er ließe die Predigt drucken! —
Die Furcht iſt wahrlich ein groͤßeres Ue- bel, als das, wofuͤr man ſich fuͤrchtet! Was iſt es denn, woruͤber dir die Zaͤhne klappern, als Stoͤrche, woruͤber dir die Sporen zittern, als wolten ſie einen Ton angeben? Tritt ihm doch naͤher; es iſt dein Schatten! Die Arze- ney iſt aͤrger, als die Krankheit! Junker Gotthard (bey ſeiner Eheverbindung kann ihm dieſer Umſtand weder Schaden noch Lei- des thun,) fuͤrchtete ſich in — — in einem Zimmer allein zu ſchlafen, wo Alexander der Große gemahlt war! Es waren doch noch andere Bilder da, ſagt’ ich ihm, Bruder! die du, im Fall der Noth, zu Huͤlfe ru- fen koͤnnen. Er war getroffen, fuhr Gott- hard fort, als wolt’ er mit mir ſprechen. Immer gerade zu auf mich! Da wandelte mir auf einmal die Vorſtellung an: wie leicht kann er lebendig werden! Bruder! haſt du ihm denn ins Geſicht geſehen? — Ein preu- ßiſcher Corporal mit einem Stutzbart gut ge- troffen, wuͤrde eher zu fuͤrchten ſeyn. Alex- ander hat ſo wie alle ſeines Gleichen etwas von einer Kinderwaͤrterin, von einer Amme, im Geſicht. Bey mir hieß es, in Ruͤckſicht
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halten. Ich wuͤnſchte, er ließe die Predigt
drucken! —
Die Furcht iſt wahrlich ein groͤßeres Ue-
bel, als das, wofuͤr man ſich fuͤrchtet! Was iſt
es denn, woruͤber dir die Zaͤhne klappern, als
Stoͤrche, woruͤber dir die Sporen zittern, als
wolten ſie einen Ton angeben? Tritt ihm
doch naͤher; es iſt dein Schatten! Die Arze-
ney iſt aͤrger, als die Krankheit! Junker
Gotthard (bey ſeiner Eheverbindung kann
ihm dieſer Umſtand weder Schaden noch Lei-
des thun,) fuͤrchtete ſich in — — in einem
Zimmer allein zu ſchlafen, wo Alexander der
Große gemahlt war! Es waren doch noch
andere Bilder da, ſagt’ ich ihm, Bruder!
die du, im Fall der Noth, zu Huͤlfe ru-
fen koͤnnen. Er war getroffen, fuhr Gott-
hard fort, als wolt’ er mit mir ſprechen.
Immer gerade zu auf mich! Da wandelte
mir auf einmal die Vorſtellung an: wie leicht
kann er lebendig werden! Bruder! haſt du
ihm denn ins Geſicht geſehen? — Ein preu-
ßiſcher Corporal mit einem Stutzbart gut ge-
troffen, wuͤrde eher zu fuͤrchten ſeyn. Alex-
ander hat ſo wie alle ſeines Gleichen etwas
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/358>, abgerufen am 25.11.2024.
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