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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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keit gegen Gelehrsamkeit) bey der Frage: ob
auch Jemand mit der linken Hand schwö-
ren, und ob, wenn er falsch geschworen,
ihm die Finger abgehauen werden könn-
ten?
und den Pastor bey der Antwort, daß er
sehnlichst wünschte einen Sünder wider
den heiligen Geist seiner zwoten Ausga-
be in Kupfer vorstechen zu lassen.
Mö-
gen sie rechten und fechten!

Gretchen und ich giengen spatzieren. Ein
Sohn und ein Töchterchen mit uns. Eins
für mich, eins für sie, sagte die gute Haus-
mutter! Wer Gretchen mit ihren Kindern
sahe, und nicht Lust bekam zu heyrathen,
hatte kein Gefühl von Unschuld! -- Sie zeigte
mir dort eine neue Anlage zum Spatziergang,
hier ein vortrefliches Grasstück! -- Den Acker
rahden und der Gegend zur Ader lassen, wie
Gretchen es nannte, oder einen Graben zie-
hen, überlies sie dem Herrn Gemahl! -- Sie
nannte das Milchdepartement ihr beschiedenes
Theil, und nöthigte mich in ein allerliebstes
Büdchen, ihren Thron, wie sie sagte. Aller-
liebst! So schön sitzt kein Monarch, als Gret-
chen in ihrer Milchbude. Hier ward oft fri-
sche Milch gegessen, und die schönste Wiese,
die das Gütchen vermochte, lag vorm Au-
ge! --

Wer

keit gegen Gelehrſamkeit) bey der Frage: ob
auch Jemand mit der linken Hand ſchwoͤ-
ren, und ob, wenn er falſch geſchworen,
ihm die Finger abgehauen werden koͤnn-
ten?
und den Paſtor bey der Antwort, daß er
ſehnlichſt wuͤnſchte einen Suͤnder wider
den heiligen Geiſt ſeiner zwoten Ausga-
be in Kupfer vorſtechen zu laſſen.
Moͤ-
gen ſie rechten und fechten!

Gretchen und ich giengen ſpatzieren. Ein
Sohn und ein Toͤchterchen mit uns. Eins
fuͤr mich, eins fuͤr ſie, ſagte die gute Haus-
mutter! Wer Gretchen mit ihren Kindern
ſahe, und nicht Luſt bekam zu heyrathen,
hatte kein Gefuͤhl von Unſchuld! — Sie zeigte
mir dort eine neue Anlage zum Spatziergang,
hier ein vortrefliches Grasſtuͤck! — Den Acker
rahden und der Gegend zur Ader laſſen, wie
Gretchen es nannte, oder einen Graben zie-
hen, uͤberlies ſie dem Herrn Gemahl! — Sie
nannte das Milchdepartement ihr beſchiedenes
Theil, und noͤthigte mich in ein allerliebſtes
Buͤdchen, ihren Thron, wie ſie ſagte. Aller-
liebſt! So ſchoͤn ſitzt kein Monarch, als Gret-
chen in ihrer Milchbude. Hier ward oft fri-
ſche Milch gegeſſen, und die ſchoͤnſte Wieſe,
die das Guͤtchen vermochte, lag vorm Au-
ge! —

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[410/0418] keit gegen Gelehrſamkeit) bey der Frage: ob auch Jemand mit der linken Hand ſchwoͤ- ren, und ob, wenn er falſch geſchworen, ihm die Finger abgehauen werden koͤnn- ten? und den Paſtor bey der Antwort, daß er ſehnlichſt wuͤnſchte einen Suͤnder wider den heiligen Geiſt ſeiner zwoten Ausga- be in Kupfer vorſtechen zu laſſen. Moͤ- gen ſie rechten und fechten! Gretchen und ich giengen ſpatzieren. Ein Sohn und ein Toͤchterchen mit uns. Eins fuͤr mich, eins fuͤr ſie, ſagte die gute Haus- mutter! Wer Gretchen mit ihren Kindern ſahe, und nicht Luſt bekam zu heyrathen, hatte kein Gefuͤhl von Unſchuld! — Sie zeigte mir dort eine neue Anlage zum Spatziergang, hier ein vortrefliches Grasſtuͤck! — Den Acker rahden und der Gegend zur Ader laſſen, wie Gretchen es nannte, oder einen Graben zie- hen, uͤberlies ſie dem Herrn Gemahl! — Sie nannte das Milchdepartement ihr beſchiedenes Theil, und noͤthigte mich in ein allerliebſtes Buͤdchen, ihren Thron, wie ſie ſagte. Aller- liebſt! So ſchoͤn ſitzt kein Monarch, als Gret- chen in ihrer Milchbude. Hier ward oft fri- ſche Milch gegeſſen, und die ſchoͤnſte Wieſe, die das Guͤtchen vermochte, lag vorm Au- ge! — Wer

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/418>, abgerufen am 22.11.2024.