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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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flugs der großen Kunst zu, sich in die Zeit
zu schicken
. Ueberhaupt glaubte der Herr
Vater einen wohleingeschlagenen Sohn in
Junker Petern vorzeigen zu können, und
hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun-
gen Herrn einfiel, seinen Vergnügungen
Thür und Thor zu öfnen. Die gute Mut-
ter, die kein doppeltes Gesicht ausstehen
konnte, weil das Gesicht das Patent des
Herzens, des Gemüths ist, hörte nicht auf
einzulenken; allein da war der Herr Sohn,
so wie es die Zeit mitbrachte, oft höflich wie
gegen seinen Vater, oft rauh und cursch, wie
mit seinen Brüdern!

Was ich einen sich immer gleichen Cha-
rakter liebe! Und wahrlich, zu diesem Gleich-
laut den Menschen zu bringen, kann nicht
schwer halten, wenn man ihn von der Bahn
der Ausdrücke, der Worte, zu Handlungen,
zu Thaten, von dem Wege der Empfindun-
gen auf den Weg der Grundsätze und der
Regeln leitet! Wer kann das zu offt sagen!
Wahrlich! es wäre gut, den Menschen von
allen Neigungen abzuhalten, die sich nicht
aus der Naturschule herschreiben! -- Man
laße das Kind, wie Herr v. G -- der Se-
lige, der Meynung war, essen, wenn ihm

hun-
G g 2

flugs der großen Kunſt zu, ſich in die Zeit
zu ſchicken
. Ueberhaupt glaubte der Herr
Vater einen wohleingeſchlagenen Sohn in
Junker Petern vorzeigen zu koͤnnen, und
hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun-
gen Herrn einfiel, ſeinen Vergnuͤgungen
Thuͤr und Thor zu oͤfnen. Die gute Mut-
ter, die kein doppeltes Geſicht ausſtehen
konnte, weil das Geſicht das Patent des
Herzens, des Gemuͤths iſt, hoͤrte nicht auf
einzulenken; allein da war der Herr Sohn,
ſo wie es die Zeit mitbrachte, oft hoͤflich wie
gegen ſeinen Vater, oft rauh und curſch, wie
mit ſeinen Bruͤdern!

Was ich einen ſich immer gleichen Cha-
rakter liebe! Und wahrlich, zu dieſem Gleich-
laut den Menſchen zu bringen, kann nicht
ſchwer halten, wenn man ihn von der Bahn
der Ausdruͤcke, der Worte, zu Handlungen,
zu Thaten, von dem Wege der Empfindun-
gen auf den Weg der Grundſaͤtze und der
Regeln leitet! Wer kann das zu offt ſagen!
Wahrlich! es waͤre gut, den Menſchen von
allen Neigungen abzuhalten, die ſich nicht
aus der Naturſchule herſchreiben! — Man
laße das Kind, wie Herr v. G — der Se-
lige, der Meynung war, eſſen, wenn ihm

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[467/0475] flugs der großen Kunſt zu, ſich in die Zeit zu ſchicken. Ueberhaupt glaubte der Herr Vater einen wohleingeſchlagenen Sohn in Junker Petern vorzeigen zu koͤnnen, und hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun- gen Herrn einfiel, ſeinen Vergnuͤgungen Thuͤr und Thor zu oͤfnen. Die gute Mut- ter, die kein doppeltes Geſicht ausſtehen konnte, weil das Geſicht das Patent des Herzens, des Gemuͤths iſt, hoͤrte nicht auf einzulenken; allein da war der Herr Sohn, ſo wie es die Zeit mitbrachte, oft hoͤflich wie gegen ſeinen Vater, oft rauh und curſch, wie mit ſeinen Bruͤdern! Was ich einen ſich immer gleichen Cha- rakter liebe! Und wahrlich, zu dieſem Gleich- laut den Menſchen zu bringen, kann nicht ſchwer halten, wenn man ihn von der Bahn der Ausdruͤcke, der Worte, zu Handlungen, zu Thaten, von dem Wege der Empfindun- gen auf den Weg der Grundſaͤtze und der Regeln leitet! Wer kann das zu offt ſagen! Wahrlich! es waͤre gut, den Menſchen von allen Neigungen abzuhalten, die ſich nicht aus der Naturſchule herſchreiben! — Man laße das Kind, wie Herr v. G — der Se- lige, der Meynung war, eſſen, wenn ihm hun- G g 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/475>, abgerufen am 28.11.2024.