flugs der großen Kunst zu, sich in die Zeit zu schicken. Ueberhaupt glaubte der Herr Vater einen wohleingeschlagenen Sohn in Junker Petern vorzeigen zu können, und hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun- gen Herrn einfiel, seinen Vergnügungen Thür und Thor zu öfnen. Die gute Mut- ter, die kein doppeltes Gesicht ausstehen konnte, weil das Gesicht das Patent des Herzens, des Gemüths ist, hörte nicht auf einzulenken; allein da war der Herr Sohn, so wie es die Zeit mitbrachte, oft höflich wie gegen seinen Vater, oft rauh und cursch, wie mit seinen Brüdern!
Was ich einen sich immer gleichen Cha- rakter liebe! Und wahrlich, zu diesem Gleich- laut den Menschen zu bringen, kann nicht schwer halten, wenn man ihn von der Bahn der Ausdrücke, der Worte, zu Handlungen, zu Thaten, von dem Wege der Empfindun- gen auf den Weg der Grundsätze und der Regeln leitet! Wer kann das zu offt sagen! Wahrlich! es wäre gut, den Menschen von allen Neigungen abzuhalten, die sich nicht aus der Naturschule herschreiben! -- Man laße das Kind, wie Herr v. G -- der Se- lige, der Meynung war, essen, wenn ihm
hun-
G g 2
flugs der großen Kunſt zu, ſich in die Zeit zu ſchicken. Ueberhaupt glaubte der Herr Vater einen wohleingeſchlagenen Sohn in Junker Petern vorzeigen zu koͤnnen, und hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun- gen Herrn einfiel, ſeinen Vergnuͤgungen Thuͤr und Thor zu oͤfnen. Die gute Mut- ter, die kein doppeltes Geſicht ausſtehen konnte, weil das Geſicht das Patent des Herzens, des Gemuͤths iſt, hoͤrte nicht auf einzulenken; allein da war der Herr Sohn, ſo wie es die Zeit mitbrachte, oft hoͤflich wie gegen ſeinen Vater, oft rauh und curſch, wie mit ſeinen Bruͤdern!
Was ich einen ſich immer gleichen Cha- rakter liebe! Und wahrlich, zu dieſem Gleich- laut den Menſchen zu bringen, kann nicht ſchwer halten, wenn man ihn von der Bahn der Ausdruͤcke, der Worte, zu Handlungen, zu Thaten, von dem Wege der Empfindun- gen auf den Weg der Grundſaͤtze und der Regeln leitet! Wer kann das zu offt ſagen! Wahrlich! es waͤre gut, den Menſchen von allen Neigungen abzuhalten, die ſich nicht aus der Naturſchule herſchreiben! — Man laße das Kind, wie Herr v. G — der Se- lige, der Meynung war, eſſen, wenn ihm
hun-
G g 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0475"n="467"/>
flugs der großen Kunſt zu, ſich <hirendition="#fr">in die Zeit<lb/>
zu ſchicken</hi>. Ueberhaupt glaubte der Herr<lb/>
Vater einen wohleingeſchlagenen Sohn in<lb/>
Junker Petern vorzeigen zu koͤnnen, und<lb/>
hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun-<lb/>
gen Herrn einfiel, ſeinen Vergnuͤgungen<lb/>
Thuͤr und Thor zu oͤfnen. Die gute Mut-<lb/>
ter, die kein doppeltes Geſicht ausſtehen<lb/>
konnte, weil das Geſicht das Patent des<lb/>
Herzens, des Gemuͤths iſt, hoͤrte nicht auf<lb/>
einzulenken; allein da war der Herr Sohn,<lb/>ſo wie es die Zeit mitbrachte, oft hoͤflich wie<lb/>
gegen ſeinen Vater, oft rauh und curſch, wie<lb/>
mit ſeinen Bruͤdern!</p><lb/><p>Was ich einen ſich immer gleichen Cha-<lb/>
rakter liebe! Und wahrlich, zu dieſem Gleich-<lb/>
laut den Menſchen zu bringen, kann nicht<lb/>ſchwer halten, wenn man ihn von der Bahn<lb/>
der Ausdruͤcke, der Worte, zu Handlungen,<lb/>
zu Thaten, von dem Wege der Empfindun-<lb/>
gen auf den Weg der Grundſaͤtze und der<lb/>
Regeln leitet! Wer kann das zu offt ſagen!<lb/>
Wahrlich! es waͤre gut, den Menſchen von<lb/>
allen Neigungen abzuhalten, die ſich nicht<lb/>
aus der Naturſchule herſchreiben! — Man<lb/>
laße das Kind, wie Herr v. G — der Se-<lb/>
lige, der Meynung war, eſſen, wenn ihm<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">hun-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[467/0475]
flugs der großen Kunſt zu, ſich in die Zeit
zu ſchicken. Ueberhaupt glaubte der Herr
Vater einen wohleingeſchlagenen Sohn in
Junker Petern vorzeigen zu koͤnnen, und
hatte nie etwas dagegen, wenn es dem jun-
gen Herrn einfiel, ſeinen Vergnuͤgungen
Thuͤr und Thor zu oͤfnen. Die gute Mut-
ter, die kein doppeltes Geſicht ausſtehen
konnte, weil das Geſicht das Patent des
Herzens, des Gemuͤths iſt, hoͤrte nicht auf
einzulenken; allein da war der Herr Sohn,
ſo wie es die Zeit mitbrachte, oft hoͤflich wie
gegen ſeinen Vater, oft rauh und curſch, wie
mit ſeinen Bruͤdern!
Was ich einen ſich immer gleichen Cha-
rakter liebe! Und wahrlich, zu dieſem Gleich-
laut den Menſchen zu bringen, kann nicht
ſchwer halten, wenn man ihn von der Bahn
der Ausdruͤcke, der Worte, zu Handlungen,
zu Thaten, von dem Wege der Empfindun-
gen auf den Weg der Grundſaͤtze und der
Regeln leitet! Wer kann das zu offt ſagen!
Wahrlich! es waͤre gut, den Menſchen von
allen Neigungen abzuhalten, die ſich nicht
aus der Naturſchule herſchreiben! — Man
laße das Kind, wie Herr v. G — der Se-
lige, der Meynung war, eſſen, wenn ihm
hun-
G g 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/475>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.