jedem seiner Dörfer und Vorwerker war eine dergleichen schmucke Person, die er be- gnadigte, (ein lettischer Ausdruck, den ich nur sehr unkräftig verdolmetschet habe.) Der Mückenheld war in Absicht dreyer dieser Trinchens in Compagnie getreten, wo aller Schade auf Herrn v. K --, der Vortheil aber zu wenigstens gleichen Theilen gieng. Ju- ristisch Löwengesellschaft genannt. v. K -- war ein Verschwender, und geizig -- er liebte und haßte auf eine so uncivile, ungesit- tete Art, daß freylich bey der Verbindung mit Tinchen keine sehr glückliche Ehe abzuse- hen war. -- Was solche Leute ekelhaft sind! -- Ich trinke darum ungern Punsch, weil er, wie Herr v. E -- und Herr v. K -- sich widerspricht. Indessen ward Tinchen endlich eingeschläfert, im Schlafe aufge- sprengt, und da hatte sie den Kopf nach vorn genickt, wie alle gute Leute, wenn sie schlafen, nach vorn den Kopf zu neigen pfle- gen. Dies Nicken hieß beym Herrn v. W -- um so mehr Ja, als, nach seinen Regeln der Höflichkeit, er keinem Mädchen in ein deutliches Ja! auszubrechen gestattete; höch- stens konnte sie es verlieren. Eben darum hätte er das Trauungsformular, trotz den
zwey-
jedem ſeiner Doͤrfer und Vorwerker war eine dergleichen ſchmucke Perſon, die er be- gnadigte, (ein lettiſcher Ausdruck, den ich nur ſehr unkraͤftig verdolmetſchet habe.) Der Muͤckenheld war in Abſicht dreyer dieſer Trinchens in Compagnie getreten, wo aller Schade auf Herrn v. K —, der Vortheil aber zu wenigſtens gleichen Theilen gieng. Ju- riſtiſch Loͤwengeſellſchaft genannt. v. K — war ein Verſchwender, und geizig — er liebte und haßte auf eine ſo uncivile, ungeſit- tete Art, daß freylich bey der Verbindung mit Tinchen keine ſehr gluͤckliche Ehe abzuſe- hen war. — Was ſolche Leute ekelhaft ſind! — Ich trinke darum ungern Punſch, weil er, wie Herr v. E — und Herr v. K — ſich widerſpricht. Indeſſen ward Tinchen endlich eingeſchlaͤfert, im Schlafe aufge- ſprengt, und da hatte ſie den Kopf nach vorn genickt, wie alle gute Leute, wenn ſie ſchlafen, nach vorn den Kopf zu neigen pfle- gen. Dies Nicken hieß beym Herrn v. W — um ſo mehr Ja, als, nach ſeinen Regeln der Hoͤflichkeit, er keinem Maͤdchen in ein deutliches Ja! auszubrechen geſtattete; hoͤch- ſtens konnte ſie es verlieren. Eben darum haͤtte er das Trauungsformular, trotz den
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jedem ſeiner Doͤrfer und Vorwerker war
eine dergleichen ſchmucke Perſon, die er be-
gnadigte, (ein lettiſcher Ausdruck, den ich
nur ſehr unkraͤftig verdolmetſchet habe.) Der
Muͤckenheld war in Abſicht dreyer dieſer
Trinchens in Compagnie getreten, wo aller
Schade auf Herrn v. K —, der Vortheil
aber zu wenigſtens gleichen Theilen gieng. Ju-
riſtiſch Loͤwengeſellſchaft genannt. v. K —
war ein Verſchwender, und geizig — er
liebte und haßte auf eine ſo uncivile, ungeſit-
tete Art, daß freylich bey der Verbindung
mit Tinchen keine ſehr gluͤckliche Ehe abzuſe-
hen war. — Was ſolche Leute ekelhaft ſind!
— Ich trinke darum ungern Punſch, weil
er, wie Herr v. E — und Herr v. K —
ſich widerſpricht. Indeſſen ward Tinchen
endlich eingeſchlaͤfert, im Schlafe aufge-
ſprengt, und da hatte ſie den Kopf nach
vorn genickt, wie alle gute Leute, wenn ſie
ſchlafen, nach vorn den Kopf zu neigen pfle-
gen. Dies Nicken hieß beym Herrn v. W —
um ſo mehr Ja, als, nach ſeinen Regeln
der Hoͤflichkeit, er keinem Maͤdchen in ein
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/482>, abgerufen am 29.11.2024.
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