geholt. Sie war an einen Amtmann verhey- rathet. Sie hatte keine Kinder. -- Frau Louischen kam und freute sich so, mich zu sehen, daß nichts drüber gieng. Sie fand, daß ich alt worden, und daß mein Arm schwerlich ein Fräulein Lorchen mehr aus dem Wasser hohlen würde. Ein Fräulein Tin- chen noch weniger, setzte sie hinzu. Frau v. W -- und ihre Tochter fanden der keines -- Die Frau Amtmannin besuchte mich öfters auf meinem Zimmer, wenn ich allein war, und unser einziger Text war Tinchen. In der Nutzanwendung kam Herr v. K -- vor, und da ward er behandelt, wie man die Sünder in der Nutzanwendung zu behandeln pflegt --
Noch vier schöne Tage lebte ich in -- und da sich meine Commißion nicht länger ver- schieben lies, gieng ich mit dem Versprechen ab, nach geendigtem Geschäfte wieder zu kommen! --
Beym Abschiede wieder der Ton! Wie ich den Ton liebe, und alles Kopfnicken hasse, wenn der Kopf gleich nach vorn fält! -- Nur beym Tode nicht. Herr v. G -- starb nach vorn! Nur beym Schlaf nicht; denn er ist des Todes leiblicher Bruder.
Jun-
geholt. Sie war an einen Amtmann verhey- rathet. Sie hatte keine Kinder. — Frau Louischen kam und freute ſich ſo, mich zu ſehen, daß nichts druͤber gieng. Sie fand, daß ich alt worden, und daß mein Arm ſchwerlich ein Fraͤulein Lorchen mehr aus dem Waſſer hohlen wuͤrde. Ein Fraͤulein Tin- chen noch weniger, ſetzte ſie hinzu. Frau v. W — und ihre Tochter fanden der keines — Die Frau Amtmannin beſuchte mich oͤfters auf meinem Zimmer, wenn ich allein war, und unſer einziger Text war Tinchen. In der Nutzanwendung kam Herr v. K — vor, und da ward er behandelt, wie man die Suͤnder in der Nutzanwendung zu behandeln pflegt —
Noch vier ſchoͤne Tage lebte ich in — und da ſich meine Commißion nicht laͤnger ver- ſchieben lies, gieng ich mit dem Verſprechen ab, nach geendigtem Geſchaͤfte wieder zu kommen! —
Beym Abſchiede wieder der Ton! Wie ich den Ton liebe, und alles Kopfnicken haſſe, wenn der Kopf gleich nach vorn faͤlt! — Nur beym Tode nicht. Herr v. G — ſtarb nach vorn! Nur beym Schlaf nicht; denn er iſt des Todes leiblicher Bruder.
Jun-
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geholt. Sie war an einen Amtmann verhey-
rathet. Sie hatte keine Kinder. — Frau
Louischen kam und freute ſich ſo, mich zu
ſehen, daß nichts druͤber gieng. Sie fand,
daß ich alt worden, und daß mein Arm
ſchwerlich ein Fraͤulein Lorchen mehr aus dem
Waſſer hohlen wuͤrde. Ein Fraͤulein Tin-
chen noch weniger, ſetzte ſie hinzu. Frau v.
W — und ihre Tochter fanden der keines —
Die Frau Amtmannin beſuchte mich oͤfters
auf meinem Zimmer, wenn ich allein war,
und unſer einziger Text war Tinchen. In
der Nutzanwendung kam Herr v. K — vor,
und da ward er behandelt, wie man die
Suͤnder in der Nutzanwendung zu behandeln
pflegt —
Noch vier ſchoͤne Tage lebte ich in — und
da ſich meine Commißion nicht laͤnger ver-
ſchieben lies, gieng ich mit dem Verſprechen
ab, nach geendigtem Geſchaͤfte wieder zu
kommen! —
Beym Abſchiede wieder der Ton! Wie
ich den Ton liebe, und alles Kopfnicken
haſſe, wenn der Kopf gleich nach vorn faͤlt! —
Nur beym Tode nicht. Herr v. G — ſtarb
nach vorn! Nur beym Schlaf nicht; denn
er iſt des Todes leiblicher Bruder.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/488>, abgerufen am 30.11.2024.
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