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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Wenn Sie aber auch Sohn, Vater,
Grosvater und so weiter in der Person des
Sohns heyrathen kann?

Dann ists Blutschande!

Herr v. W -- ward über die Blutschande
böse, und fieng pathetisch an: Ein anderes
ist ein Siegel mit dem Lindwurm am Ta-
schenmesser, ein anderes ein wohlhergebrach-
tes Wapen. Ein anderes die feinsten Spi-
tzen, ein anderes Judenkanten. Ein ande-
res Prinzmetall, ein anderes ächtes gediege-
nes Gold; ein anderes ein Kratzfaß, ein an-
deres eine Verbeugung. Wer wird sich denn
die Finger verbrennen, wenn man kein Kind
mehr ist? --

Allgemach legte sich dieser Ahneneifer, an
welchem Junker Peter vielen Antheil hatte! --
Der Mückenheld hatte mich blank gesehen,
und so mochte er seinen Schwager, wohl
aus mehr als einer Ursach, nicht sehen! --

Die Frau v. W -- nahm Gelegenheit,
ihrem Gemahl ans Herz zu legen, was sie
gehört, daß ich nemlich von gutem alten Adel
wäre, und Tinchen also auch Vater, Gros-
vater, Aelter-Vater, und so weiter, in mir
vereinigt heyrathen würde. Warum, fuhr
sie fort, ihm Luft und Othem abschneiden, eh

man

Wenn Sie aber auch Sohn, Vater,
Grosvater und ſo weiter in der Perſon des
Sohns heyrathen kann?

Dann iſts Blutſchande!

Herr v. W — ward uͤber die Blutſchande
boͤſe, und fieng pathetiſch an: Ein anderes
iſt ein Siegel mit dem Lindwurm am Ta-
ſchenmeſſer, ein anderes ein wohlhergebrach-
tes Wapen. Ein anderes die feinſten Spi-
tzen, ein anderes Judenkanten. Ein ande-
res Prinzmetall, ein anderes aͤchtes gediege-
nes Gold; ein anderes ein Kratzfaß, ein an-
deres eine Verbeugung. Wer wird ſich denn
die Finger verbrennen, wenn man kein Kind
mehr iſt? —

Allgemach legte ſich dieſer Ahneneifer, an
welchem Junker Peter vielen Antheil hatte! —
Der Muͤckenheld hatte mich blank geſehen,
und ſo mochte er ſeinen Schwager, wohl
aus mehr als einer Urſach, nicht ſehen! —

Die Frau v. W — nahm Gelegenheit,
ihrem Gemahl ans Herz zu legen, was ſie
gehoͤrt, daß ich nemlich von gutem alten Adel
waͤre, und Tinchen alſo auch Vater, Gros-
vater, Aelter-Vater, und ſo weiter, in mir
vereinigt heyrathen wuͤrde. Warum, fuhr
ſie fort, ihm Luft und Othem abſchneiden, eh

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[492/0502] Wenn Sie aber auch Sohn, Vater, Grosvater und ſo weiter in der Perſon des Sohns heyrathen kann? Dann iſts Blutſchande! Herr v. W — ward uͤber die Blutſchande boͤſe, und fieng pathetiſch an: Ein anderes iſt ein Siegel mit dem Lindwurm am Ta- ſchenmeſſer, ein anderes ein wohlhergebrach- tes Wapen. Ein anderes die feinſten Spi- tzen, ein anderes Judenkanten. Ein ande- res Prinzmetall, ein anderes aͤchtes gediege- nes Gold; ein anderes ein Kratzfaß, ein an- deres eine Verbeugung. Wer wird ſich denn die Finger verbrennen, wenn man kein Kind mehr iſt? — Allgemach legte ſich dieſer Ahneneifer, an welchem Junker Peter vielen Antheil hatte! — Der Muͤckenheld hatte mich blank geſehen, und ſo mochte er ſeinen Schwager, wohl aus mehr als einer Urſach, nicht ſehen! — Die Frau v. W — nahm Gelegenheit, ihrem Gemahl ans Herz zu legen, was ſie gehoͤrt, daß ich nemlich von gutem alten Adel waͤre, und Tinchen alſo auch Vater, Gros- vater, Aelter-Vater, und ſo weiter, in mir vereinigt heyrathen wuͤrde. Warum, fuhr ſie fort, ihm Luft und Othem abſchneiden, eh man

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/502>, abgerufen am 22.11.2024.