geregnet, es wird regnen! -- Wer einen Garten anlegt, muß für Schatten sorgen. Wagen gewinnt, wagen verliert. Wenn ich gehe, komm ich weiter. Solcher Augen- scheinlichkeiten drengten sich in schwerer Menge zum Vorschein, wer kann aber daran Theil nehmen? Wer über Einfälle der nem- lichen Art lachen? Ists Wunder, daß sich unsre Redner geflissentlich bemühen, den ge- meinsten Hut nach der Mode zu stutzen! So waßerklar waren auch die Hochzeit-Tischre- den, und das Gedicht, welches Minens ge- wesener Informator zusammengewürfelt hat- te. Das Gedicht lief allen an Waßerklarheit den Rang ab. Ein Reim nahm die Erklä- rung des andern über sich -- Wie Herr und Knecht war einer gegen den andern --
Ein alter Edelmann unterschied sich durch den Brauch, nach Noten zu gähnen, und hielt dabey ordentlich Melodie. Anfäng- lich fiel uns diese Musikneigung auf; indes- sen nahm Herr v. W -- in eigener Person seine Vertheidigung über, und Herrman, der nur auf dies Commando gewartet hatte, be- hauptete, daß das Gähnen die Erfindung der Cadanzen wäre, die doch heut zu Tage so treflich beklatscht würden. Man bewunderte
sogar
L l 4
geregnet, es wird regnen! — Wer einen Garten anlegt, muß fuͤr Schatten ſorgen. Wagen gewinnt, wagen verliert. Wenn ich gehe, komm ich weiter. Solcher Augen- ſcheinlichkeiten drengten ſich in ſchwerer Menge zum Vorſchein, wer kann aber daran Theil nehmen? Wer uͤber Einfaͤlle der nem- lichen Art lachen? Iſts Wunder, daß ſich unſre Redner gefliſſentlich bemuͤhen, den ge- meinſten Hut nach der Mode zu ſtutzen! So waßerklar waren auch die Hochzeit-Tiſchre- den, und das Gedicht, welches Minens ge- weſener Informator zuſammengewuͤrfelt hat- te. Das Gedicht lief allen an Waßerklarheit den Rang ab. Ein Reim nahm die Erklaͤ- rung des andern uͤber ſich — Wie Herr und Knecht war einer gegen den andern —
Ein alter Edelmann unterſchied ſich durch den Brauch, nach Noten zu gaͤhnen, und hielt dabey ordentlich Melodie. Anfaͤng- lich fiel uns dieſe Muſikneigung auf; indeſ- ſen nahm Herr v. W — in eigener Perſon ſeine Vertheidigung uͤber, und Herrman, der nur auf dies Commando gewartet hatte, be- hauptete, daß das Gaͤhnen die Erfindung der Cadanzen waͤre, die doch heut zu Tage ſo treflich beklatſcht wuͤrden. Man bewunderte
ſogar
L l 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0545"n="535"/>
geregnet, es wird regnen! — Wer einen<lb/>
Garten anlegt, muß fuͤr Schatten ſorgen.<lb/>
Wagen gewinnt, wagen verliert. Wenn ich<lb/>
gehe, komm ich weiter. Solcher Augen-<lb/>ſcheinlichkeiten drengten ſich in ſchwerer<lb/>
Menge zum Vorſchein, wer kann aber daran<lb/>
Theil nehmen? Wer uͤber Einfaͤlle der nem-<lb/>
lichen Art lachen? Iſts Wunder, daß ſich<lb/>
unſre Redner gefliſſentlich bemuͤhen, den ge-<lb/>
meinſten Hut nach der Mode zu ſtutzen! So<lb/>
waßerklar waren auch die Hochzeit-Tiſchre-<lb/>
den, und das Gedicht, welches Minens ge-<lb/>
weſener Informator zuſammengewuͤrfelt hat-<lb/>
te. Das Gedicht lief allen an Waßerklarheit<lb/>
den Rang ab. Ein Reim nahm die Erklaͤ-<lb/>
rung des andern uͤber ſich — Wie Herr<lb/>
und Knecht war einer gegen den andern —</p><lb/><p><hirendition="#fr">Ein alter</hi> Edelmann unterſchied ſich<lb/>
durch den Brauch, nach Noten zu gaͤhnen,<lb/>
und hielt dabey ordentlich Melodie. Anfaͤng-<lb/>
lich fiel uns dieſe Muſikneigung auf; indeſ-<lb/>ſen nahm Herr v. W — in eigener Perſon<lb/>ſeine Vertheidigung uͤber, und Herrman, der<lb/>
nur auf dies Commando gewartet hatte, be-<lb/>
hauptete, daß das Gaͤhnen die Erfindung der<lb/>
Cadanzen waͤre, die doch heut zu Tage ſo<lb/>
treflich beklatſcht wuͤrden. Man bewunderte<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſogar</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[535/0545]
geregnet, es wird regnen! — Wer einen
Garten anlegt, muß fuͤr Schatten ſorgen.
Wagen gewinnt, wagen verliert. Wenn ich
gehe, komm ich weiter. Solcher Augen-
ſcheinlichkeiten drengten ſich in ſchwerer
Menge zum Vorſchein, wer kann aber daran
Theil nehmen? Wer uͤber Einfaͤlle der nem-
lichen Art lachen? Iſts Wunder, daß ſich
unſre Redner gefliſſentlich bemuͤhen, den ge-
meinſten Hut nach der Mode zu ſtutzen! So
waßerklar waren auch die Hochzeit-Tiſchre-
den, und das Gedicht, welches Minens ge-
weſener Informator zuſammengewuͤrfelt hat-
te. Das Gedicht lief allen an Waßerklarheit
den Rang ab. Ein Reim nahm die Erklaͤ-
rung des andern uͤber ſich — Wie Herr
und Knecht war einer gegen den andern —
Ein alter Edelmann unterſchied ſich
durch den Brauch, nach Noten zu gaͤhnen,
und hielt dabey ordentlich Melodie. Anfaͤng-
lich fiel uns dieſe Muſikneigung auf; indeſ-
ſen nahm Herr v. W — in eigener Perſon
ſeine Vertheidigung uͤber, und Herrman, der
nur auf dies Commando gewartet hatte, be-
hauptete, daß das Gaͤhnen die Erfindung der
Cadanzen waͤre, die doch heut zu Tage ſo
treflich beklatſcht wuͤrden. Man bewunderte
ſogar
L l 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/545>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.