Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Tine genannt Mine.

Damit ich dich ablöse. Mine ist eine
Dichterin. Hier ist eine Probe von ihr, die
sie nicht lange nach unserer Heyrath lieferte.
Man wird noch immer das Fräulein Lorchen
drinn finden, das spitzige Mädchen! obgleich
sie es nicht haben will, und öffentlich behaup-
tet, sie hätte noch keinem andern, als sich
selbst, mit der Nadel Schaden gethan. Aus
Lorchen ist Tine, und aus Tinen ist Mine
worden! -- Dies ist die letzte Verwande-
lung, bis der Tod sie und mich verwandlen
wird, und das Sterbliche anziehen wird, die
Unsterblichkeit -- Wär es doch auf Einen
Tag, auf Eine Stunde! --


Komm, mein Geliebter, hier ans Camin,
damit ich den Unterschied desto mehr empfin-
de, in deinem warmen Arm zu seyn und
mich am Caminfeur zu wärmen. Welch ein
Abstand zwischen Feur und Feur! gemein
und Opferbrand! Deine Hand, deine bey-
den Hände, in allem schlägt ein Schlag der
Liebe, und wenn du deine Hand in meine
legst, ists so, als würden unsere Nerven in
einander gestrickt, unsere Adern zusammen

gebun-
M m 5

Tine genannt Mine.

Damit ich dich abloͤſe. Mine iſt eine
Dichterin. Hier iſt eine Probe von ihr, die
ſie nicht lange nach unſerer Heyrath lieferte.
Man wird noch immer das Fraͤulein Lorchen
drinn finden, das ſpitzige Maͤdchen! obgleich
ſie es nicht haben will, und oͤffentlich behaup-
tet, ſie haͤtte noch keinem andern, als ſich
ſelbſt, mit der Nadel Schaden gethan. Aus
Lorchen iſt Tine, und aus Tinen iſt Mine
worden! — Dies iſt die letzte Verwande-
lung, bis der Tod ſie und mich verwandlen
wird, und das Sterbliche anziehen wird, die
Unſterblichkeit — Waͤr es doch auf Einen
Tag, auf Eine Stunde! —


Komm, mein Geliebter, hier ans Camin,
damit ich den Unterſchied deſto mehr empfin-
de, in deinem warmen Arm zu ſeyn und
mich am Caminfeur zu waͤrmen. Welch ein
Abſtand zwiſchen Feur und Feur! gemein
und Opferbrand! Deine Hand, deine bey-
den Haͤnde, in allem ſchlaͤgt ein Schlag der
Liebe, und wenn du deine Hand in meine
legſt, iſts ſo, als wuͤrden unſere Nerven in
einander geſtrickt, unſere Adern zuſammen

gebun-
M m 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0563" n="553"/> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Tine</hi> genannt <hi rendition="#fr">Mine.</hi></hi> </p><lb/>
        <p>Damit ich dich ablo&#x0364;&#x017F;e. Mine i&#x017F;t eine<lb/>
Dichterin. Hier i&#x017F;t eine Probe von ihr, die<lb/>
&#x017F;ie nicht lange nach <choice><sic>nn&#x017F;erer</sic><corr>un&#x017F;erer</corr></choice> Heyrath lieferte.<lb/>
Man wird noch immer das Fra&#x0364;ulein Lorchen<lb/>
drinn finden, das &#x017F;pitzige Ma&#x0364;dchen! obgleich<lb/>
&#x017F;ie es nicht haben will, und o&#x0364;ffentlich behaup-<lb/>
tet, &#x017F;ie ha&#x0364;tte noch keinem andern, als &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, mit der Nadel Schaden gethan. Aus<lb/>
Lorchen i&#x017F;t Tine, und aus Tinen i&#x017F;t Mine<lb/>
worden! &#x2014; Dies i&#x017F;t die letzte Verwande-<lb/>
lung, bis der Tod &#x017F;ie und mich verwandlen<lb/>
wird, und das Sterbliche anziehen wird, die<lb/>
Un&#x017F;terblichkeit &#x2014; Wa&#x0364;r es doch auf Einen<lb/>
Tag, auf Eine Stunde! &#x2014;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Komm, mein Geliebter, hier ans Camin,<lb/>
damit ich den Unter&#x017F;chied de&#x017F;to mehr empfin-<lb/>
de, in deinem warmen Arm zu &#x017F;eyn und<lb/>
mich am Caminfeur zu wa&#x0364;rmen. Welch ein<lb/>
Ab&#x017F;tand zwi&#x017F;chen Feur und Feur! gemein<lb/>
und Opferbrand! Deine Hand, deine bey-<lb/>
den Ha&#x0364;nde, in allem &#x017F;chla&#x0364;gt ein Schlag der<lb/>
Liebe, und wenn du deine Hand in meine<lb/>
leg&#x017F;t, i&#x017F;ts &#x017F;o, als wu&#x0364;rden un&#x017F;ere Nerven in<lb/>
einander ge&#x017F;trickt, un&#x017F;ere Adern zu&#x017F;ammen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gebun-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[553/0563] Tine genannt Mine. Damit ich dich abloͤſe. Mine iſt eine Dichterin. Hier iſt eine Probe von ihr, die ſie nicht lange nach unſerer Heyrath lieferte. Man wird noch immer das Fraͤulein Lorchen drinn finden, das ſpitzige Maͤdchen! obgleich ſie es nicht haben will, und oͤffentlich behaup- tet, ſie haͤtte noch keinem andern, als ſich ſelbſt, mit der Nadel Schaden gethan. Aus Lorchen iſt Tine, und aus Tinen iſt Mine worden! — Dies iſt die letzte Verwande- lung, bis der Tod ſie und mich verwandlen wird, und das Sterbliche anziehen wird, die Unſterblichkeit — Waͤr es doch auf Einen Tag, auf Eine Stunde! — Komm, mein Geliebter, hier ans Camin, damit ich den Unterſchied deſto mehr empfin- de, in deinem warmen Arm zu ſeyn und mich am Caminfeur zu waͤrmen. Welch ein Abſtand zwiſchen Feur und Feur! gemein und Opferbrand! Deine Hand, deine bey- den Haͤnde, in allem ſchlaͤgt ein Schlag der Liebe, und wenn du deine Hand in meine legſt, iſts ſo, als wuͤrden unſere Nerven in einander geſtrickt, unſere Adern zuſammen gebun- M m 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/563
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/563>, abgerufen am 01.11.2024.