Vater kein Wort auf ihr beständiges: der Brief gab, sondern wider die Aerzte decla- mirte; in Wahrheit, sie ehrte die Aerzte, es sind Leibessorger, pflegte sie zu sagen. Ob- gleich sie den Arzt, und unter ihnen, den D. Saft ehrte; spendete sie dennoch, wenn es die Gelegenheit gab, Hausmittel aus, denen sie indeßen wider die Meynung meines Va- ters bey weitem nicht so viel, als einem saft- schen Recept zutraute. Sie war sehr für al- les Geschriebene, und stand jedem saftschen schwarz auf weiß den Rang zu. Die Seelen- cur gieng bey ihr über alles. Heyrathen rechnete sie in gewißer Hinsicht auch zu See- lenmitteln. In allen Seelenkuren war sie so glücklich, daß das ganze Kirchspiel zu ihr ein so unumschränktes Zutrauen hatte, daß die Gemeine (den Adel nehm' ich aus, der zum Theil' sein Gespötte mit ihr trieb) sie sehr gern in die Stelle ihres Mannes zum Predigtamt berufen hätte, wenn nicht das Geschlecht ihr entgegen gewesen wäre. Selbst von der Noth- taufe hatte sie ihre besondere Meinungen, wo- bey die Herren Diaconi, Pastores, Präpositi und Superintendenten, gewis nicht den Kür- zern zogen. --
Was
Vater kein Wort auf ihr beſtaͤndiges: der Brief gab, ſondern wider die Aerzte decla- mirte; in Wahrheit, ſie ehrte die Aerzte, es ſind Leibesſorger, pflegte ſie zu ſagen. Ob- gleich ſie den Arzt, und unter ihnen, den D. Saft ehrte; ſpendete ſie dennoch, wenn es die Gelegenheit gab, Hausmittel aus, denen ſie indeßen wider die Meynung meines Va- ters bey weitem nicht ſo viel, als einem ſaft- ſchen Recept zutraute. Sie war ſehr fuͤr al- les Geſchriebene, und ſtand jedem ſaftſchen ſchwarz auf weiß den Rang zu. Die Seelen- cur gieng bey ihr uͤber alles. Heyrathen rechnete ſie in gewißer Hinſicht auch zu See- lenmitteln. In allen Seelenkuren war ſie ſo gluͤcklich, daß das ganze Kirchſpiel zu ihr ein ſo unumſchraͤnktes Zutrauen hatte, daß die Gemeine (den Adel nehm’ ich aus, der zum Theil’ ſein Geſpoͤtte mit ihr trieb) ſie ſehr gern in die Stelle ihres Mannes zum Predigtamt berufen haͤtte, wenn nicht das Geſchlecht ihr entgegen geweſen waͤre. Selbſt von der Noth- taufe hatte ſie ihre beſondere Meinungen, wo- bey die Herren Diaconi, Paſtores, Praͤpoſiti und Superintendenten, gewis nicht den Kuͤr- zern zogen. —
Was
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Vater kein Wort auf ihr beſtaͤndiges: der
Brief gab, ſondern wider die Aerzte decla-
mirte; in Wahrheit, ſie ehrte die Aerzte, es
ſind Leibesſorger, pflegte ſie zu ſagen. Ob-
gleich ſie den Arzt, und unter ihnen, den D.
Saft ehrte; ſpendete ſie dennoch, wenn es
die Gelegenheit gab, Hausmittel aus, denen
ſie indeßen wider die Meynung meines Va-
ters bey weitem nicht ſo viel, als einem ſaft-
ſchen Recept zutraute. Sie war ſehr fuͤr al-
les Geſchriebene, und ſtand jedem ſaftſchen
ſchwarz auf weiß den Rang zu. Die Seelen-
cur gieng bey ihr uͤber alles. Heyrathen
rechnete ſie in gewißer Hinſicht auch zu See-
lenmitteln. In allen Seelenkuren war ſie ſo
gluͤcklich, daß das ganze Kirchſpiel zu ihr ein
ſo unumſchraͤnktes Zutrauen hatte, daß die
Gemeine (den Adel nehm’ ich aus, der zum
Theil’ ſein Geſpoͤtte mit ihr trieb) ſie ſehr gern
in die Stelle ihres Mannes zum Predigtamt
berufen haͤtte, wenn nicht das Geſchlecht ihr
entgegen geweſen waͤre. Selbſt von der Noth-
taufe hatte ſie ihre beſondere Meinungen, wo-
bey die Herren Diaconi, Paſtores, Praͤpoſiti
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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