Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

feil waren. So ging es dem andern Geschlech-
te, das auch Opfer auf Kosten seiner Rechte
annehmen musste, und das, wenn gleich die
Menschheit es so sehr zierte, sie doch gegen
jene Göttlichkeit aufzugeben gezwungen ward.
Jemanden Güte erweisen, indem man ihm Ge-
rechtigkeit entzieht, heisst: ein Naturgesetz
mit Füssen treten, und sich mit einem positi-
ven brüsten; die Erstgeburt für ein schnödes
Linsengericht verkaufen, Mücken seigen und
Kameele verschlucken -- O, der blinden Lei-
ter, die mit pharisäischer Heuchelei das an-
dere Geschlecht einschläferten, im Trüben
fischten und durch Schein des Rechts die na-
türlichen in das Herz geschriebenen Rechte
zu vertilgen suchten! -- Die Natur lässt sich
nicht zwingen. -- Furcht! Fiel dies Wort auf?
Es sollte auffallen -- Seht! ich will mein
Herz ausschütten und zur Ehre des männli-
chen Geschlechtes bekennen, dass keine böse-
re Absicht, als die Furcht, das andere Ge-
schlecht würde uns beherrschen
, den Grund
zu unserer Herrschaft über dasselbe gelegt hat.
Auch dachten wir vielleicht unserer Seits bei

L 2

feil waren. So ging es dem andern Geschlech-
te, das auch Opfer auf Kosten seiner Rechte
annehmen muſste, und das, wenn gleich die
Menschheit es so sehr zierte, sie doch gegen
jene Göttlichkeit aufzugeben gezwungen ward.
Jemanden Güte erweisen, indem man ihm Ge-
rechtigkeit entzieht, heiſst: ein Naturgesetz
mit Füſsen treten, und sich mit einem positi-
ven brüsten; die Erstgeburt für ein schnödes
Linsengericht verkaufen, Mücken seigen und
Kameele verschlucken — O, der blinden Lei-
ter, die mit pharisäischer Heuchelei das an-
dere Geschlecht einschläferten, im Trüben
fischten und durch Schein des Rechts die na-
türlichen in das Herz geschriebenen Rechte
zu vertilgen suchten! — Die Natur läſst sich
nicht zwingen. — Furcht! Fiel dies Wort auf?
Es sollte auffallen — Seht! ich will mein
Herz ausschütten und zur Ehre des männli-
chen Geschlechtes bekennen, daſs keine böse-
re Absicht, als die Furcht, das andere Ge-
schlecht würde uns beherrschen
, den Grund
zu unserer Herrschaft über dasselbe gelegt hat.
Auch dachten wir vielleicht unserer Seits bei

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="163"/>
feil waren. So ging es dem andern Geschlech-<lb/>
te, das auch Opfer auf Kosten seiner Rechte<lb/>
annehmen mu&#x017F;ste, und das, wenn gleich die<lb/>
Menschheit es so sehr zierte, sie doch gegen<lb/>
jene Göttlichkeit aufzugeben gezwungen ward.<lb/>
Jemanden Güte erweisen, indem man ihm Ge-<lb/>
rechtigkeit entzieht, hei&#x017F;st: ein Naturgesetz<lb/>
mit Fü&#x017F;sen treten, und sich mit einem positi-<lb/>
ven brüsten; die Erstgeburt für ein schnödes<lb/>
Linsengericht verkaufen, Mücken seigen und<lb/>
Kameele verschlucken &#x2014; O, der blinden Lei-<lb/>
ter, die mit pharisäischer Heuchelei das an-<lb/>
dere Geschlecht einschläferten, im Trüben<lb/>
fischten und durch Schein des Rechts die na-<lb/>
türlichen in das Herz geschriebenen Rechte<lb/>
zu vertilgen suchten! &#x2014; Die Natur lä&#x017F;st sich<lb/>
nicht zwingen. &#x2014; <hi rendition="#i">Furcht!</hi> Fiel dies Wort auf?<lb/>
Es sollte auffallen &#x2014; Seht! ich will mein<lb/>
Herz ausschütten und zur Ehre des männli-<lb/>
chen Geschlechtes bekennen, da&#x017F;s keine böse-<lb/>
re Absicht, als <hi rendition="#i">die Furcht, das andere Ge-<lb/>
schlecht würde uns beherrschen</hi>, den Grund<lb/>
zu unserer Herrschaft über dasselbe gelegt hat.<lb/>
Auch dachten wir vielleicht unserer Seits bei<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0171] feil waren. So ging es dem andern Geschlech- te, das auch Opfer auf Kosten seiner Rechte annehmen muſste, und das, wenn gleich die Menschheit es so sehr zierte, sie doch gegen jene Göttlichkeit aufzugeben gezwungen ward. Jemanden Güte erweisen, indem man ihm Ge- rechtigkeit entzieht, heiſst: ein Naturgesetz mit Füſsen treten, und sich mit einem positi- ven brüsten; die Erstgeburt für ein schnödes Linsengericht verkaufen, Mücken seigen und Kameele verschlucken — O, der blinden Lei- ter, die mit pharisäischer Heuchelei das an- dere Geschlecht einschläferten, im Trüben fischten und durch Schein des Rechts die na- türlichen in das Herz geschriebenen Rechte zu vertilgen suchten! — Die Natur läſst sich nicht zwingen. — Furcht! Fiel dies Wort auf? Es sollte auffallen — Seht! ich will mein Herz ausschütten und zur Ehre des männli- chen Geschlechtes bekennen, daſs keine böse- re Absicht, als die Furcht, das andere Ge- schlecht würde uns beherrschen, den Grund zu unserer Herrschaft über dasselbe gelegt hat. Auch dachten wir vielleicht unserer Seits bei L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/171
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/171>, abgerufen am 21.11.2024.