Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

will denn, dass Weiber das Hausregiment füh-
ren sollen? Nur da, wo, nach dem altdeut-
schen Reim eines Reformators, ein Jeder seine
Lektion lernt, wird es wohl im Hause ste-
hen. -- Es ist zu verwundern, dass jetzt, da
das halbe menschliche Geschlecht auf weiter
nichts sinnt, als sich mit Ehren unter die
Haube zu bringen, noch so viel Policei im
Punkte des Punktes herrscht -- und dass, da
das Frauenzimmer zu einer ewigen Vormund-
schaft verdammt wird, es seine Rache bloss
aus der ersten Hand vom Ehemanne nimmt,
und übrigens in der grösseren Welt so sittsam
und menschenfreundlich bleibt. Strenge Auf-
merksamkeit auf einen sich selbst gegebe-
nen Punkt unterdrückt das Gefühl des Schmer-
zes, und die grösste Krankheit verliert einen
grossen Theil ihrer Feindseligkeit durch die
Unterhaltung mit einem guten Bekannten, wel-
che aber, wohl zu merken, den Kranken un-
vermerkt, äusserst leicht und ohne angreifende
Übergänge beschäftigen muss. Ist die Ehe,
nach jetziger Sitte, viel mehr als eine Kranken-
unterhaltung, wodurch man so sehr die lange

will denn, daſs Weiber das Hausregiment füh-
ren sollen? Nur da, wo, nach dem altdeut-
schen Reim eines Reformators, ein Jeder seine
Lektion lernt, wird es wohl im Hause ste-
hen. — Es ist zu verwundern, daſs jetzt, da
das halbe menschliche Geschlecht auf weiter
nichts sinnt, als sich mit Ehren unter die
Haube zu bringen, noch so viel Policei im
Punkte des Punktes herrscht — und daſs, da
das Frauenzimmer zu einer ewigen Vormund-
schaft verdammt wird, es seine Rache bloſs
aus der ersten Hand vom Ehemanne nimmt,
und übrigens in der gröſseren Welt so sittsam
und menschenfreundlich bleibt. Strenge Auf-
merksamkeit auf einen sich selbst gegebe-
nen Punkt unterdrückt das Gefühl des Schmer-
zes, und die gröſste Krankheit verliert einen
groſsen Theil ihrer Feindseligkeit durch die
Unterhaltung mit einem guten Bekannten, wel-
che aber, wohl zu merken, den Kranken un-
vermerkt, äuſserst leicht und ohne angreifende
Übergänge beschäftigen muſs. Ist die Ehe,
nach jetziger Sitte, viel mehr als eine Kranken-
unterhaltung, wodurch man so sehr die lange

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="171"/>
will denn, da&#x017F;s Weiber das Hausregiment füh-<lb/>
ren sollen? Nur da, wo, nach dem altdeut-<lb/>
schen Reim eines Reformators, ein Jeder seine<lb/>
Lektion lernt, wird es wohl im Hause ste-<lb/>
hen. &#x2014; Es ist zu verwundern, da&#x017F;s jetzt, da<lb/>
das halbe menschliche Geschlecht auf weiter<lb/>
nichts sinnt, als sich mit Ehren unter die<lb/>
Haube zu bringen, noch so viel Policei im<lb/>
Punkte des Punktes herrscht &#x2014; und da&#x017F;s, da<lb/>
das Frauenzimmer zu einer ewigen Vormund-<lb/>
schaft verdammt wird, es seine Rache blo&#x017F;s<lb/>
aus der ersten Hand vom Ehemanne nimmt,<lb/>
und übrigens in der grö&#x017F;seren Welt so sittsam<lb/>
und menschenfreundlich bleibt. Strenge Auf-<lb/>
merksamkeit auf einen sich selbst gegebe-<lb/>
nen Punkt unterdrückt das Gefühl des Schmer-<lb/>
zes, und die grö&#x017F;ste Krankheit verliert einen<lb/>
gro&#x017F;sen Theil ihrer Feindseligkeit durch die<lb/>
Unterhaltung mit einem guten Bekannten, wel-<lb/>
che aber, wohl zu merken, den Kranken un-<lb/>
vermerkt, äu&#x017F;serst leicht und ohne angreifende<lb/>
Übergänge beschäftigen mu&#x017F;s. Ist die Ehe,<lb/>
nach jetziger Sitte, viel mehr als eine Kranken-<lb/>
unterhaltung, wodurch man so sehr die lange<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0179] will denn, daſs Weiber das Hausregiment füh- ren sollen? Nur da, wo, nach dem altdeut- schen Reim eines Reformators, ein Jeder seine Lektion lernt, wird es wohl im Hause ste- hen. — Es ist zu verwundern, daſs jetzt, da das halbe menschliche Geschlecht auf weiter nichts sinnt, als sich mit Ehren unter die Haube zu bringen, noch so viel Policei im Punkte des Punktes herrscht — und daſs, da das Frauenzimmer zu einer ewigen Vormund- schaft verdammt wird, es seine Rache bloſs aus der ersten Hand vom Ehemanne nimmt, und übrigens in der gröſseren Welt so sittsam und menschenfreundlich bleibt. Strenge Auf- merksamkeit auf einen sich selbst gegebe- nen Punkt unterdrückt das Gefühl des Schmer- zes, und die gröſste Krankheit verliert einen groſsen Theil ihrer Feindseligkeit durch die Unterhaltung mit einem guten Bekannten, wel- che aber, wohl zu merken, den Kranken un- vermerkt, äuſserst leicht und ohne angreifende Übergänge beschäftigen muſs. Ist die Ehe, nach jetziger Sitte, viel mehr als eine Kranken- unterhaltung, wodurch man so sehr die lange

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/179
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/179>, abgerufen am 24.11.2024.