Erziehungskunst einen neuen Schwung erhielt, fing man an, den grossen Einfluss derselben zu bemerken; allein machte man nicht, wie gewöhnlich, einen schlechten Gebrauch da- von, wenn man das Spiel zu einem allgemei- nen Unterrichtsmittel erhob? Spiele müssen nie zur Methodik werden; wohl aber können sie Anlässe zur Bereicherung des Gedächtnis- ses und zur Übung des Verstandes seyn. Wenn sie den Unterricht erleichtern, so ist und bleibt ihr Werth bloss subjektiv. Bei Spielen der Kinder muss jederzeit die Absicht zum Grunde liegen, sie auf eine ihrer Fähig- keit und ihrem Alter angemessene Art zu be- schäftigen. Nur dürfen die Kinder diese Ab- sicht nicht errathen; sonst ist das Spiel verlo- ren. Früh indess müssen Kinder angewöhnt werden, Spiel und Geschäfte zu unterschei- den, um diese achten und lieb gewinnen, je- ne aber entbehren zu lernen, wenn sie anders nicht ewig Kinder bleiben sollen. Doch war- um mehr Bemerkungen über einen Gegen- stand, der jetzt das dritte Wort unserer Schriftsteller ist, und auf allen Dächern ge-
Erziehungskunst einen neuen Schwung erhielt, fing man an, den groſsen Einfluſs derselben zu bemerken; allein machte man nicht, wie gewöhnlich, einen schlechten Gebrauch da- von, wenn man das Spiel zu einem allgemei- nen Unterrichtsmittel erhob? Spiele müssen nie zur Methodik werden; wohl aber können sie Anlässe zur Bereicherung des Gedächtnis- ses und zur Übung des Verstandes seyn. Wenn sie den Unterricht erleichtern, so ist und bleibt ihr Werth bloſs subjektiv. Bei Spielen der Kinder muſs jederzeit die Absicht zum Grunde liegen, sie auf eine ihrer Fähig- keit und ihrem Alter angemessene Art zu be- schäftigen. Nur dürfen die Kinder diese Ab- sicht nicht errathen; sonst ist das Spiel verlo- ren. Früh indeſs müssen Kinder angewöhnt werden, Spiel und Geschäfte zu unterschei- den, um diese achten und lieb gewinnen, je- ne aber entbehren zu lernen, wenn sie anders nicht ewig Kinder bleiben sollen. Doch war- um mehr Bemerkungen über einen Gegen- stand, der jetzt das dritte Wort unserer Schriftsteller ist, und auf allen Dächern ge-
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Erziehungskunst einen neuen Schwung erhielt,
fing man an, den groſsen Einfluſs derselben
zu bemerken; allein machte man nicht, wie
gewöhnlich, einen schlechten Gebrauch da-
von, wenn man das Spiel zu einem allgemei-
nen Unterrichtsmittel erhob? Spiele müssen
nie zur Methodik werden; wohl aber können
sie Anlässe zur Bereicherung des Gedächtnis-
ses und zur Übung des Verstandes seyn.
Wenn sie den Unterricht erleichtern, so ist
und bleibt ihr Werth bloſs subjektiv. Bei
Spielen der Kinder muſs jederzeit die Absicht
zum Grunde liegen, sie auf eine ihrer Fähig-
keit und ihrem Alter angemessene Art zu be-
schäftigen. Nur dürfen die Kinder diese Ab-
sicht nicht errathen; sonst ist das Spiel verlo-
ren. Früh indeſs müssen Kinder angewöhnt
werden, Spiel und Geschäfte zu unterschei-
den, um diese achten und lieb gewinnen, je-
ne aber entbehren zu lernen, wenn sie anders
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/229>, abgerufen am 25.11.2024.
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