Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent- schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla- gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen einzelnen Fall passen? -- wenn --? Doch, lasst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch des menschlichen Geschlechtes werden wird, wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen zugeworfen werden, sondern was er selbst in seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist! Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen seines Wohlverhaltens ertheilt ward, mass er sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand, dass Andere diese Würde, wo nicht mehr, so doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl- weisheit -- Endlich überzeugte er sich, dass diese Würde, bloss weil er sich nicht für weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen Special-Befehl wäre zuerkannt worden -- Kann der, welcher Aufsehen macht, weise
Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent- schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla- gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen einzelnen Fall passen? — wenn —? Doch, laſst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch des menschlichen Geschlechtes werden wird, wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen zugeworfen werden, sondern was er selbst in seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist! Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen seines Wohlverhaltens ertheilt ward, maſs er sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand, daſs Andere diese Würde, wo nicht mehr, so doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl- weisheit — Endlich überzeugte er sich, daſs diese Würde, bloſs weil er sich nicht für weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen Special-Befehl wäre zuerkannt worden — Kann der, welcher Aufsehen macht, weise
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0309"n="301"/>
Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so<lb/>
bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit<lb/>
zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn<lb/>
aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent-<lb/>
schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein<lb/>
Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla-<lb/>
gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen<lb/>
einzelnen Fall passen? — wenn —? Doch,<lb/>
laſst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch<lb/>
des menschlichen Geschlechtes werden wird,<lb/>
wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen<lb/>
zugeworfen werden, sondern was er selbst in<lb/>
seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist!<lb/>
Als <hirendition="#i">Sokrates</hi> von der Gottheit zum <hirendition="#i">Weisen</hi><lb/>
erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen<lb/>
seines Wohlverhaltens ertheilt ward, maſs er<lb/>
sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand,<lb/>
daſs Andere diese Würde, wo nicht mehr, so<lb/>
doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl-<lb/>
weisheit — Endlich überzeugte er sich, daſs<lb/>
diese Würde, bloſs weil er sich nicht für<lb/>
weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen<lb/>
Special-Befehl wäre zuerkannt worden —<lb/>
Kann <hirendition="#i">der,</hi> welcher Aufsehen macht, weise<lb/></p></div></body></text></TEI>
[301/0309]
Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so
bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit
zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn
aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent-
schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein
Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla-
gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen
einzelnen Fall passen? — wenn —? Doch,
laſst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch
des menschlichen Geschlechtes werden wird,
wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen
zugeworfen werden, sondern was er selbst in
seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist!
Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen
erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen
seines Wohlverhaltens ertheilt ward, maſs er
sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand,
daſs Andere diese Würde, wo nicht mehr, so
doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl-
weisheit — Endlich überzeugte er sich, daſs
diese Würde, bloſs weil er sich nicht für
weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen
Special-Befehl wäre zuerkannt worden —
Kann der, welcher Aufsehen macht, weise
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/309>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.