verlieren, indess in noch ärgere fallen? Ernst- hafte Sachen sind ihnen zu schön und zu er- haben, als dass sie nicht Alles dieser köstli- chen Perle halben veräussern sollten. Zarte Fasern, die man pflegen und warten soll, muss der Gärtner nicht zerreissen; bei einer schein- baren Ermattung, oder bei einem zu starken Auswuchs, kann er nicht, ohne ein Miethling zu seyn, jene sich hervordrängenden Zweige abschneiden, die so leicht zu besseren Zwek- ken zu leiten gewesen wären -- Er lässt sie in die Höhe schiessen oder zur beschützenden Krone gedeihen -- Man mässige bei dem andern Geschlechte die zu starke Neuheit; man bringe Weiber mit mehr ernsthaften Sa- chen, und zwar allmählich, in Verbindung: und hysterische und andere angeblich ärgere Übel, Leibes und der Seele, Gutes und Ehre, sind gehoben. Die Pfeifer und Geiger wurden auf der Stelle verabschiedet, als Jairi Töch- terlein von den Todten erweckt werden soll- te -- Selbst die Bevölkerung müsste hierbei zunehmen; "es verlohne zu leben," würden die Weiber denken. Und wie ging es in aller
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verlieren, indeſs in noch ärgere fallen? Ernst- hafte Sachen sind ihnen zu schön und zu er- haben, als daſs sie nicht Alles dieser köstli- chen Perle halben veräuſsern sollten. Zarte Fasern, die man pflegen und warten soll, muſs der Gärtner nicht zerreiſsen; bei einer schein- baren Ermattung, oder bei einem zu starken Auswuchs, kann er nicht, ohne ein Miethling zu seyn, jene sich hervordrängenden Zweige abschneiden, die so leicht zu besseren Zwek- ken zu leiten gewesen wären — Er läſst sie in die Höhe schieſsen oder zur beschützenden Krone gedeihen — Man mäſsige bei dem andern Geschlechte die zu starke Neuheit; man bringe Weiber mit mehr ernsthaften Sa- chen, und zwar allmählich, in Verbindung: und hysterische und andere angeblich ärgere Übel, Leibes und der Seele, Gutes und Ehre, sind gehoben. Die Pfeifer und Geiger wurden auf der Stelle verabschiedet, als Jairi Töch- terlein von den Todten erweckt werden soll- te — Selbst die Bevölkerung müſste hierbei zunehmen; »es verlohne zu leben,» würden die Weiber denken. Und wie ging es in aller
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verlieren, indeſs in noch ärgere fallen? Ernst-
hafte Sachen sind ihnen zu schön und zu er-
haben, als daſs sie nicht Alles dieser köstli-
chen Perle halben veräuſsern sollten. Zarte
Fasern, die man pflegen und warten soll, muſs
der Gärtner nicht zerreiſsen; bei einer schein-
baren Ermattung, oder bei einem zu starken
Auswuchs, kann er nicht, ohne ein Miethling
zu seyn, jene sich hervordrängenden Zweige
abschneiden, die so leicht zu besseren Zwek-
ken zu leiten gewesen wären — Er läſst sie
in die Höhe schieſsen oder zur beschützenden
Krone gedeihen — Man mäſsige bei dem
andern Geschlechte die zu starke Neuheit;
man bringe Weiber mit mehr ernsthaften Sa-
chen, und zwar allmählich, in Verbindung:
und hysterische und andere angeblich ärgere
Übel, Leibes und der Seele, Gutes und Ehre,
sind gehoben. Die Pfeifer und Geiger wurden
auf der Stelle verabschiedet, als Jairi Töch-
terlein von den Todten erweckt werden soll-
te — Selbst die Bevölkerung müſste hierbei
zunehmen; »es verlohne zu leben,» würden
die Weiber denken. Und wie ging es in aller
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/335>, abgerufen am 22.11.2024.
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