fühl des Unvermögens, den Vorzügen Anderer gemäss zu reden und zu handeln, das Allem eine gewisse Ängstlichkeit giebt, ist ihre Sa- che nicht -- Die Gabe ihrer leichten unge- zwungenen Unterhaltung wird ihren Vortrag nie mit üblen Angewohnheiten und Einschieb- seln verunstalten, die sich nicht viel besser ausnehmen, als wenn verlegene mit der Welt noch unbekannte Jünglinge von ihren Händen und Füssen geärgert werden -- oder wenn Fliegen in ein reitzendes Gericht fallen. Mü- ssige Phrases in's Gespräch einschalten, heisst ihnen: die Zeit tödten; und durch schöne Re- densarten einnehmen: das Vergnügen als Zweck des Lebens behandeln. Seht Prinzen -- und seht regierende Herren selbst, wie furchtsam sie sind! -- Das Hof-Ceremoniel scheint nur erfunden zu seyn, ihrer Blödigkeit aus- zuhelfen. Auch giebt es eine edle Freiheit, welche die Folge eines guten Gewissens ist, -- so wie es ein Wohlbefinden giebt, ein Gut- und Übelaussehen, das vom Gewissen kommt; und dies ist dem andern Geschlecht eigen -- Warum sollten Weiber denn wohl als Schrift-
fühl des Unvermögens, den Vorzügen Anderer gemäſs zu reden und zu handeln, das Allem eine gewisse Ängstlichkeit giebt, ist ihre Sa- che nicht — Die Gabe ihrer leichten unge- zwungenen Unterhaltung wird ihren Vortrag nie mit üblen Angewohnheiten und Einschieb- seln verunstalten, die sich nicht viel besser ausnehmen, als wenn verlegene mit der Welt noch unbekannte Jünglinge von ihren Händen und Füſsen geärgert werden — oder wenn Fliegen in ein reitzendes Gericht fallen. Mü- ſsige Phrases in’s Gespräch einschalten, heiſst ihnen: die Zeit tödten; und durch schöne Re- densarten einnehmen: das Vergnügen als Zweck des Lebens behandeln. Seht Prinzen — und seht regierende Herren selbst, wie furchtsam sie sind! — Das Hof-Ceremoniel scheint nur erfunden zu seyn, ihrer Blödigkeit aus- zuhelfen. Auch giebt es eine edle Freiheit, welche die Folge eines guten Gewissens ist, — so wie es ein Wohlbefinden giebt, ein Gut- und Übelaussehen, das vom Gewissen kommt; und dies ist dem andern Geschlecht eigen — Warum sollten Weiber denn wohl als Schrift-
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fühl des Unvermögens, den Vorzügen Anderer
gemäſs zu reden und zu handeln, das Allem
eine gewisse Ängstlichkeit giebt, ist ihre Sa-
che nicht — Die Gabe ihrer leichten unge-
zwungenen Unterhaltung wird ihren Vortrag
nie mit üblen Angewohnheiten und Einschieb-
seln verunstalten, die sich nicht viel besser
ausnehmen, als wenn verlegene mit der Welt
noch unbekannte Jünglinge von ihren Händen
und Füſsen geärgert werden — oder wenn
Fliegen in ein reitzendes Gericht fallen. Mü-
ſsige Phrases in’s Gespräch einschalten, heiſst
ihnen: die Zeit tödten; und durch schöne Re-
densarten einnehmen: das Vergnügen als Zweck
des Lebens behandeln. Seht Prinzen — und
seht regierende Herren selbst, wie furchtsam
sie sind! — Das Hof-Ceremoniel scheint
nur erfunden zu seyn, ihrer Blödigkeit aus-
zuhelfen. Auch giebt es eine edle Freiheit,
welche die Folge eines guten Gewissens ist, —
so wie es ein Wohlbefinden giebt, ein Gut-
und Übelaussehen, das vom Gewissen kommt;
und dies ist dem andern Geschlecht eigen —
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/391>, abgerufen am 25.11.2024.
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